Köln. Der neue Koalitionsvertrag ist in trockenen Tüchern, jetzt wird es darauf ankommen, dass die Hausärztinnen und Hausärzte der neuen Regierung die richtigen Leitplanken vorgeben, erklärte Dr. Markus Beier, Co-Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, am Freitag (9.5.) zum Start der Frühjahrstagung 2025 des Verbandes in Köln.
Das mutige Vorhaben der neuen Regierungskoalition, ein verbindliches Primärarztsystem in die Gesetzliche Krankenversicherung einzuführen, verdiene Anerkennung, fügte Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Co-Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, hinzu.
Es gebe nun einen Koalitionsvertrag, mit dem die Hausärztinnen und Hausärzte gut leben könnten.
Im Kollektivertrag: Ein nichts
Bei dem im Koalitionsvertrag verankerten Primärarztsystem gebe es zwei Alternativen: Ein Primärarztmodell im Kollektivvertrag, das bislang nicht existiere, so Buhlinger-Göpfahrt.
Oder die bewährte, erfolgreiche Hausarztzentrierte Versorgung (HZV), die vor über 15 Jahren etabliert worden sei, an der bereits 16.000 Praxen teilnehmen würden und für die sich schon 10 Millionen Versicherte entschieden hätten.
Außerdem hätten Evaluationen bekanntlich bereits mehrfach gezeigt, dass Patientinnen und Patienten in der HZV besser versorgt werden.
Gut aufgestellt mit VERAH, PCM und HÄPPI
Damit sich in Zukunft noch mehr Patientinnen und Patienten für die HZV entscheiden, “werden wir uns dafür einsetzen, dass Krankenkassen ihren Versicherten Anreize für eine HZV-Teilnahme anbieten”, so Beier. Die Politik habe dabei viele Möglichkeiten, Anreize zu schaffen.
Wichtig sei dabei auch, die Delegation zu stärken. Die Delegation werde schon lange von den Hausärztinnen und Hausärzten gelebt und mit entsprechenden Konzepten wie VERAH, PCM und HÄPPI (Hausärztliches Primärversorgungszentrum – Patientenversorgung Interprofessionell) vorangetrieben.
Eine erste Testphase von HÄPPI sei in Baden-Württemberg erfolgreich abgeschlossen worden. Das Versorgungmodell werde nun in Bayern und Rheinland-Pfalz weiter ausgerollt und wissenschaftlich begleitet, erklärte Beier.
Mit diesen Konzepten seien die Hausärztinnen und Hausärzte hervorragend aufgestellt und vorbereitet.
Auch Fachärzte stehen zur HZV
Es seien jetzt aber auch Krankenkassen und Politik gefordert, die den Praxen und ihren Mitarbeitenden den Rücken stärken müssten, forderte Beier. Dabei betonte er auch: Der weitere Ausbau der HZV sei nicht ohne die Gebietsfachärztinnen und -ärzte denkbar.
Nur mit einer koordinierenden Behandlung im Dreiklang: Hausärzte, Fachärzte und mit einer Schnittstelle zum stationären Bereich, sei eine gute Versorgung in Zukunft machbar. Auch der Spitzenverband der Fachärzte habe sich bereits zu an die HZV angeschlossenen Facharztverträgen bekannt.
Viel Licht, “abwegiger” Schatten
Weitere positive Elemente im Koalitionsvertrag, für die sich der Hausärztinnen- und Hausärzteverband eingesetzt hat, sind außerdem die geplante Sozialversicherungsfreiheit für Ärzte im Bereitschaftsdienst, eine 300 Euro Bagatellgrenze für Wirtschaftlichkeitsverfahren oder eine Regulierung von investorenbetriebenen MVZ.
Dies seien Ergebnisse eines “harten Kampfes für die hausärztlichen Interessen hinter den Kulissen”, so Buhlinger-Göpfarth, die auch auf Schatten des Koalitionsvertrages hinwies. “Vollkommen abwegig” seien zum Beispiel die geplanten Abschläge für Praxen in überversorgten Gebieten.
GOÄ-Reform in “trockene Tücher” bringen
Buhlinger-Göpfarth und Beier wiesen auch auf den Entwurf der neuen GOÄ hin, über den der Deutsche Ärztetag, der vom 27. bis 30.5. in Leipzig stattfindet, abstimmen soll. Wer für eine bessere Vergütung, Entbürokratisierung und Transparenz sei, sollte auf dem Ärztetag für die neue GOÄ stimmen, appellierten die beiden Bundesvorsitzenden.
“Entweder die Ärzteschaft stellt sich hinter die neue GOÄ oder die Reform ist de facto tot”, warnte Buhlinger-Göpfarth, die eindringlich meinte: “Lassen Sie uns das Ding in trockene Tücher bringen!”
Alle Ärztinnen und Ärzte würden von der neuen GOÄ profitieren, wenn sie mit ihren Patienten reden – das könne nicht falsch sein Allerdings gebe es großen Widerstand einiger Interessengruppen gegenüber der neuen GOÄ.