“Wer ein HÄPPI werden möchte, schafft das auch – unabhängig von Größe und Struktur der Praxis”, bilanzieren Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Susanne Bublitz. HÄPPI steht für Hausärztliches Primärversorgungszentrum – Patientenversorgung Interprofessionell und soll die “hausärztliche Versorgung revolutionieren”.
Das bundesweite Konzept wurde in zehn Praxen in Baden-Württemberg pilotiert. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie stellten die Co-Vorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Baden-Württemberg sowie Prof. Attila Altiner vom Uniklinikum Heidelberg im März in Stuttgart vor.
Das Konzept setzt auf die interprofessionelle Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen wie Primary Care Managerinnen (PCM) oder Physician Assistants (PA) unter dem Dach der Hausarztpraxis. Es bindet die Patientenperspektive, digitale Instrumente und die Kooperation mit weiteren Akteuren ein.
Von Juli bis Dezember 2024 haben zehn hausärztliche Praxisteams unterschiedlicher Größe die Wandlung in ein HÄPPI vollzogen, der Schritt wurde wissenschaftlich evaluiert.
Jede HZV-Praxis soll HÄPPI werden können
Die Befragungen haben demnach gezeigt, dass jede Praxis ein HÄPPI werden kann. “Der Wandel der Strukturen – also der Change etwa im Mindset – bedeutet aber Aufwand und muss begleitet werden”, ergänzte Buhlinger-Göpfarth. Damit das Konzept auch in der Fläche erfolgreich sein kann, braucht es aus Verbandssicht mehrere Voraussetzungen:
- Praxen müssen finanziell befähigt werden, beispielsweise durch Zuschläge auf die Pauschalen in den Hausarztverträgen; eine wichtige Umstellung habe man in Baden-Württemberg mit der Definition des Praxis- statt des Arzt-Patienten-Kontakts bereits erreicht.
- Praxisteams müssen befähigt werden, die Vorgaben umzusetzen, zum Beispiel durch Fortbildungen zu Teamkommunikation, eine arbeitspsychologische Begleitung, ein Netzwerk zum Austausch mit anderen HÄPPI.
- Zudem braucht es in den Praxisteams selbst Motivation zur Veränderung. Das berichteten etwa drei der Pilotpraxen bei der Vorstellung der Studienergebnisse auf dem Hausärztinnen- und Hausärztetag.
Ziel ist es, das HÄPPI-Konzept nun breiter in die Fläche zu bringen. “Jede HZV-Praxis soll sich zu einer HÄPPI-Praxis entwickeln können”, unterstrich auch Johannes Bauernfeind, Vorstand der AOK Baden-Württemberg, die die Pilotstudie zusammen mit dem Verbraucherministerium gefördert hat. Aber es komme auf die Ausgestaltung an, “wo man Effizienzreserven heben kann” und wo sich Praxen für HÄPPI begeistern ließen.
Studie: Praxen werden effizienter
Die Interviews mit den zehn Pilotpraxen, aber auch die Rückmeldungen von über 2.000 Patientinnen und Patienten hätten insgesamt gezeigt, dass beide Seiten – Praxen wie Betreute – von einem HÄPPI profitieren, fasste Wissenschaftler Altiner zusammen.
Gleichwohl, fügte er einschränkend hinzu, habe es sich um zehn sehr motivierte Praxen gehandelt und die Ergebnisse der explorativen Analyse seien nur belastbare Hypothesen. “Man kann daraus keine generellen Schlüsse ziehen.” Es brauche Folgestudien.
Die Befragungen räumen aber mit der oft geäußerten Befürchtung auf, dass Patientinnen und Patienten nur ärztlich betreut werden wollten, ergänzte Buhlinger-Göpfarth. Dies sei nicht der Fall, sondern Patientinnen und Patienten bewerteten die Betreuung durch das ganze Praxisteam positiv. Unter anderem können im HÄPPI “durch neue Strukturen und Prozesse mehr Menschen besser versorgt werden”, sagte Altiner.
In acht von zehn Praxen waren Mitarbeitende wie Patienten durch die neue Aufgabenverteilung zufriedener. Mit HÄPPI analysierten die Teams zunächst ihre Praxisabläufe und bildeten dann Kompetenzteams, in denen sie Aufgaben neu zuschnitten, berichteten die Pilotpraxen.
Die Praxen wurden dadurch auch leistungsfähiger: So behandelten fünf von zehn Praxen mehr Menschen als vorher. Die anderen fünf Teams konnten dies noch nicht einschätzen. In neun Praxen wurden Hausärztinnen und -ärzte zeitlich entlastet und konnten sich auf komplexe Fälle konzentrieren.
Ebenso wurde die Einführung digitaler Instrumente als zeitliche Entlastung empfunden. Das gaben neun Praxen an. Die Administration sei beschleunigt worden, wodurch das Personal zufriedener und weniger gestresst wurde.
Im Pilotzeitraum nutzten die Teams deutlich häufiger Online-Terminbuchungen, Messenger zur Kommunikation mit Patienten, Videosprechstunden sowie die digitale Dokumentation von Haus- und Heimbesuchen. Auch Patientinnen und Patienten bewerteten etwa die Online-Terminvergabe positiv, berichteten Praxen.