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129. Deutscher ÄrztetagAbtreibungen sollen raus aus Strafgesetzbuch

Mehr Rechtssicherheit, weniger Anfeindungen, eine bessere Versorgungslage: Der Deutsche Ärztetag plädiert, Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Woche aus dem Strafgesetzbuch herauszunehmen. Die verpflichtende Beratung soll bleiben.

Der Paragraf 218 soll aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden, fordern die Delegierten. Abbrüche sollen an anderer Stelle geregelt werden.

Leipzig. Um Kolleginnen und Kollegen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, mehr Rechtssicherheit zu geben und Stigmatisierung entgegenzuwirken, hat der Deutsche Ärztetag am Donnerstagnachmittag (29.5.) ein wichtiges Signal gesendet: In mehreren Anträgen haben sich die Delegierten mit klaren Mehrheiten und unter langem Beifall für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ausgesprochen.

Zum Hintergrund: Die gültige Regelung findet sich in Paragraf 218a Absatz 1Strafgesetzbuch. Demnach ist die Beendigung ungewollter Schwangerschaften rechtswidrig, aber dennoch straffrei, sofern rechtzeitig eine Schwangerschaftskonfliktberatung stattfand und der Abbruch bis zur zwölften Woche nach der Empfängnis erfolgt.

Der Ärztetag fordert, dass die Bedingungen für fristgerechte Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafgesetzbuches geregelt werden. Die Verpflichtung zur Beratung soll bleiben. Vor allem darin liege die Chance, auch das werdende Leben zu schützen, was in der Debatte auch deutlich angemahnt wurde.

Wichtig in der Praxis: Auch weiterhin wird keine Ärztin und kein Arzt gezwungen, Abbrüche durchzuführen. Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer (BÄK), betonte in ihren einführenden Worten: „Es darf niemand gezwungen werden, wenn er oder sie aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen keine Abbrüche durchführen möchte.“

“Schritt zu mehr Rechtssicherheit”

Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier, Co-Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, begrüßen die Entscheidung. „Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer besseren Versorgung und mehr Rechtssicherheit bei der Behandlung“, teilen sie mit. Der Status quo sei längst nicht mehr tragbar, weder für die betroffenen Frauen noch für uns Ärztinnen und Ärzte.

„Durch die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen entsteht eine rechtliche Grauzone, die die medizinische Versorgung unnötig erschwert, die Betroffenen schwer belastet und zu einer verzögerten Behandlung führen kann“, fassen Buhlinger-Göpfarth und Beier zusammen.

Dies wurde auch in der Debatte zum Tagesordnungspunkt deutlich. Für diese hatten sich die Delegierten gezielt Zeit genommen: Das Thema war bereits im Vorjahr angeschnitten worden, drohte dort jedoch unter den „sonstigen“ Anträgen unter Zeitdruck abgestimmt zu werden. „Es ist gut und wichtig, dass wir uns heute die Zeit nehmen, um eine gemeinsame Perspektive zu formulieren“, sagte Dr. Gerald Quitterer, Vorstandsmitglied der BÄK, als erster Mann auf der erwartungsgemäß überdurchschnittlich langen Rednerliste.

Zuvor hatte der Deutsche Ärztetag die neue GOÄ sogar mit verkürzter Debattenzeit abgestimmt, um ausreichend Raum für das Thema Schwangerschaftsabbruch zu lassen.

Status quo ist “untragbar”

In der Debatte wurde vor allem deutlich, dass Rechtssicherheit für die Ärztinnen und Ärzte nötig ist. „Es ist untragbar, dass unsere ärztliche Leistung kriminalisiert wird“; sagte Prof. Mandy Mangler (Berlin).

„Nur durch eine Entkriminalisierung werden wir besser geschützt und nur durch eine Entkriminalisierung kann die Versorgung verbessert werden“, betonte Stefanie Minkley (Hessen). Gegen sie werde aktuell auf der Webseite eines Fundamentalisten “gehetzt”, weil sie Abbrüche durchführe, berichtete sie.

Auch Dr. Margit Kollmer, die als Hausärztin medikamentöse Abbrüche durchführt, sagte: “Eine Entkriminalisierung muss kommen.”

Die aktuelle Versorgungslage führe mitunter zu Verzögerungen, die Abbrüche unnötig unsicher machten, kritisierte Dr. Christine Schroth der Zweite (Hamburg).

Immer wieder spurten Stimmen darauf ein, dass es nicht um die moralische Frage gehe, ob ein Abbruch richtig oder falsch sei. Es ging in der ärztlichen Positionierung rein um die Einstufung als Straftat. „Wir entscheiden nicht darüber, ob Abtreibung gut oder schlecht ist. Wir entscheiden darüber, ob es sich dabei um einen Straftatbestand handelt“, erinnerte etwa Daniel Wellershaus (Nordrhein).

“Als Gesellschaft mehr für die Kinder tun!”

Nichtsdestotrotz wurden in den Zwischentönen auch deutliche gesamtgesellschaftliche Appelle laut. Dr. Leonie Malburg (Nordrhein) etwa forderte eine stärkere Unterstützung auch für das Leben nach der Geburt.

Prof. Doreen Richardt (Schleswig-Holstein), selbst sechsfache Mutter, hielt schließlich ein beeindruckendes Schlussplädoyer. „Das Strafgesetzbuch verhindert keinen einzigen Schwangerschaftsabbruch“, sagte sie. „Eine Frau, die abtreiben will, findet Wege.“

Sie appellierte vielmehr: “Wir sind Teil einer Gesellschaft, die sich nicht ausreichend um die Kinder kümmert. Wenn wir als Ärzte dieser Gesellschaft es vielleicht schaffen, dafür zu sensibilisieren, dass wir als Gesellschaft mehr hinter Kindern und Jugendlichen stehen, können wir damit vielleicht den ein oder anderen Schwangerschaftsabbruch verhindern.”

Der Beschluss des Deutschen Ärztetags fordert die Politik obendrein auf, die Debatte um Schwangerschaftsabbrüche mit Augenmaß zu führen und die Ärztinnen und Ärzte stets mit einzubeziehen.

 

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