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129. Deutscher ÄrztetagGOÄneu: Emotionale Debatte, klares Votum

Mit Standing Ovations schickt der Deutsche Ärztetag die neue GOÄ an Gesundheitsministerin Nina Warken. Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband lobt den längst überfälligen Schritt. In Leipzig hat Dr. Klaus Reinhardt als „Vater der GOÄneu“ erste Einblicke gegeben.

Dr. Klaus Reinhardt am Rednerpult in Leipzig: Der Hausarzt und BÄK-Präsident hat viel "persönliches Herzblut" in die Erarbeitung der neuen GOÄ gesteckt.

Leipzig. Dass ein Beschluss des Deutschen Ärztetags Standing Ovations erhält, ist selten. Und ebenso selten ist, dass sich bereits beim Aufrufen eines Tagesordnungspunktes fast 50 Rednerinnen und Redner gemeldet haben, um zu Wort zu kommen. Beides hat der mit Spannung erwartete Tagesordnungspunkt IV, die Reform der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), am Donnerstag (29.5.) in Leipzig geschafft.

Mit einer eindeutigen Mehrheit von 212 Stimmen bei 19 Gegenstimmen und 8 Enthaltungen haben die Delegierten den Vorstand der Bundesärztekammer (BÄK) beauftragt, gemeinsam mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) einen Haken an die vorliegende Novelle der GOÄ zu setzen und die Entwürfe an Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) zu übergeben – zusammen mit der Aufforderung, „die überfällige Novellierung der GOÄ auf dieser Grundlage unverzüglich einzuleiten“.

„Nach Jahrzehnten des Verhandelns ist das ein wirklicher Durchbruch”, lobten die Co-Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier, unmittelbar nach der Abstimmung den “richtigen Schritt”. Die BÄK mit Dr. Klaus Reinhardt an der Spitze habe gute Arbeit geleistet und den Reformprozess über Jahre hinweg geduldig und transparent vorangetrieben.

Fünf weitere Anträge zum Tagesordnungspunkt, darunter ein umstrittener Antrag mit der Forderung deutlicher Nachbesserungen, wurden gesammelt an den Vorstand überwiesen (173 Ja-Stimmen, 44 Nein-Stimmen, 3 Enthaltungen). Damit hat der Deutsche Ärztetag das denkbar deutlichste Signal in Richtung Politik gesendet.

Große demokratische Fragen

Und genau dieses Signal der ärztlichen Handlungsfähigkeit in Richtung Politik war es, das die hitzige Debatte im Vorfeld der Abstimmung dominierte. 49 Rednerinnen und Redner hatten sich bereits zum Start der Aussprache nach der Mittagspause auf die Rednerliste setzen lassen, noch vor den ersten Beiträgen wurde die Redezeit auf zwei Minuten begrenzt.

In den Wortbeiträgen ging es dann weniger um konkrete inhaltliche Details der neuen GOÄ, sondern vielmehr um große demokratische Fragen. Ein positiver Beschluss sei ein „wichtiges Signal für die Handlungsfähigkeit der Ärzteschaft“, betonte gleich zu Beginn die erste Rednerin der Liste, Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth (Baden-Württemberg).

Die Co-Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, der auch im Vorfeld des Deutschen Ärztetags an die Dringlichkeit der neuen GOÄ erinnert hatte, plädierte vor den Delegierten für die wichtige Weichenstellung durch eine „Korrektur von Gewichtungen“. Dem Wort, dem Gespräch, der Beziehungsmedizin würden durch die neue GOÄ neues Gewicht verliehen. „Die neue GOÄ könnte auch eine Renaissance bedeuten für unser ärztliches Selbstverständnis.“

Auch Dr. Barbara Römer (Rheinland-Pfalz) erinnerte – „gerade in einer Zeit der Digitalisierung“ – an die Bedeutung der sprechenden Medizin. „Unsere Patientinnen und Patienten fordern auch von uns ein, dass wir mit ihnen sprechen“, beobachtet die Vorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Rheinland-Pfalz. „Nehmen wir die neue GOÄ auch als Auftrag, gut mit ihnen zu sprechen.“

Für tiefgehende Kritik haben anonyme Flugblätter mit der Aufforderung, gegen die GOÄ zu stimmen, gesorgt. Diese waren am Vortag in Leipzig ausgelegt worden. Prof. Bernd Haubitz (Niedersachsen) nannte dies eine „dem Ärzteparlament unwürdige Methode“ und Teil von „Pressionen“, wie er sie in 25 Jahren Berufspolitik nicht erlebt habe.

Klare Kante gegen anonyme Meinungsmache

Auch Dr. Günter Meyer (Saarland) nannte die anonyme Meinungsmache den „Tiefpunkt des kollegialen Meinungsaustauschs“ zum letzten Ärztetag seiner Laufbahn. Andere Delegierte berichteten von „Anrufen, gegen die GOÄ zu stimmen“ und „rauen Tönen“ unter Kolleginnen und Kollegen. Dr. Sabine Köhler (Thüringen) fand klare Worte gegen die „Fake News“.

Öffentlich gezeigt haben sich die Gegner der GOÄneu am Donnerstag jedoch nur verhalten. So waren unter den zwei Dutzend angehörten Rednerinnen und Rednern weniger als eine Handvoll, die für das Ablehnen der vorliegenden Entwurfsfassung geworben haben. Auch hat sich bis zuletzt niemand zu den Flugblättern bekannt.

Dass die Aussprache bereits nach rund der Hälfte der Rednerliste geschlossen wurde, ließ schließlich erneut die Frage der demokratischen Legitimation aufkommen. Diese sei jedoch qua Besetzung des Parlaments gegeben, erinnerte Präsident Reinhardt. Darüber hinaus herrschte mehrheitlich Einigkeit, dass zur Novelle der GOÄ nach Jahren des Austauschs alle Meinungen ausreichend gehört worden seien. Besser wolle man die Zeit nutzen, um im Anschluss über die ärztlichen Perspektiven zum Schwangerschaftsabbruch zu sprechen.

Künftig mehr Rechtssicherheit und Transparenz

Reinhardt hatte schon vor dem Start der emotionalen Debatte vor einem beschädigten Ansehen der deutschen Ärzteschaft in Bezug auf ihre politische Handlungsfähigkeit gewarnt. „Persönlich beleidigt“ wäre er bei einem anderen Abstimmungsergebnis jedoch nicht gewesen, betonte er. Reinhardt hatte das Dekadenprojekt der GOÄ-Novelle 2017 übernommen und seitdem auch „viel persönliches Herzblut“ hineingesteckt, wie er am Donnerstag vor dem Plenum unterstrich.

Für ihn persönlich sei die neue Rechtssicherheit und Transparenz der entscheidende Mehrwert der neuen GOÄ. Denn das bisherige „Steigern“ wird von der Breite der Ärzteschaft wenig genutzt, es sei begründungspflichtig und streitbehaftet, erläuterte Reinhardt.

Beispiel aus der Hausarztpraxis: Reinhardt skizzierte vor den Delegierten den Fall eines Mannes, der mit Schmerzen in die Sprechstunde kommt. Ein Ultraschall des Abdomens zeige weiteren Abklärungsbedarf der Leber. Nach der Verabschiedung des Mannes bespreche dieser die Diagnose daheim mit seiner Frau, am Nachmittag meldeten sich die beiden mit Fragen und werden zur Klärung dieser gemeinsam einbestellt. Dies sei Stand heute nicht einwandfrei darstellbar. „Künftig wird davon jede Minute transparent abzurechnen sein.“

Hausärzte: “Zuwendungsmedizin endlich vernünftig vergütet”

Auch für den Hausärztinnen- und Hausärzteverband ist das der entscheidende Mehrwert: „Mit der neuen GOÄ würde nicht nur die Zuwendungsmedizin endlich vernünftig vergütet werden, sie würde auch für Transparenz und Rechtssicherheit sorgen“, kommentieren Buhlinger-Göpfarth und Beier. „Die aktuelle Situation, bei der häufig weder die Patientinnen und Patienten noch die Kolleginnen und Kollegen nachvollziehen können, was warum wie abgerechnet werden muss, ist nicht länger hinnehmbar.“

Erschwernisse bei der Leistungserbringung können mit der neuen GOÄ über mehr als 1000 Zuschläge und zeitgetaktete Leistungen rechtssicher abgerechnet werden. Eine Folgenabschätzung zeige ein Honorarplus von 13,2 Prozent oder 1,9 Milliarden Euro in den ersten drei Jahren, führte Reinhardt in Leipzig aus.

Auch für „die Breite der Fachärzte“ wird der Entwurf laut BÄK zu einer besseren Honorierung führen. „Befürchtungen von schlechterer Honorierung beruhen oft auf nicht sachgerechten Vergleichen und fehlerhaften Modellannahmen.“

Ministerium ist jetzt am Zug

Mit dem Beschluss haben die Delegierten nun formal den Weg frei gemacht für den nächsten Schritt: eine staatliche Verordnung einer neuen GOÄ, die das Bundesgesundheitsministerium auf den Weg bringen und der sowohl der Bundestag wie der Bundesrat zustimmen müssten.

Gemeinsam mit dem PKV-Verband soll die BÄK den vorliegenden konsentierten Entwurf nun zeitnah an Bundesgesundheitsministerin Warken übergeben. “Jetzt ist das Bundesgesundheitsministerium am Zug”, unterstreichen auch Buhlinger-Göpfarth und Beier. “Es gibt jetzt keine Ausreden mehr. Das Bundesgesundheitsministerium muss die GOÄ nun zeitnah erlassen – und zwar besser heute als morgen.“

Warken hatte in ihrer Rede zur Eröffnung des Deutschen Ärztetags in Leipzig begrüßt, dass die neue GOÄ auf der Agenda steht. Es sei an der Zeit, dass eine GOÄ vorliege, die den neuesten Stand der Medizin abbilde, so die neue Ministerin.

Bis zur Novellierung, unterstrich Verhandlungsführer Reinhardt, werde der Entwurf mit den ärztlichen Verbänden und dem PKV-Verband weiter verbessert. So würden beispielsweise Fehler korrigiert oder der medizinische Fortschritt weiter berücksichtigt.

Auch nach einem Inkrafttreten würde die neue GOÄ stetig weiterentwickelt durch die Gemeinsame Kommission.

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