Mit Spannung hatten die Delegierten des 129. Deutschen Ärztetages (DÄT) in Leipzig auf diesen Tagesordnungspunkt gewartet: Am Vatertag stand die Abstimmung zur längst überfälligen Novellierung der GOÄ an. Im Vorfeld des DÄT hatte der Hausärztinnen- und Hausärzteverband immer wieder dringend dazu geraten, die große Chance nicht verstreichen zu lassen und der Reform zuzustimmen.
Politischen Schaden abwenden
Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt startete den Tagesordnungspunkt mit einem flammenden Plädoyer für den mit dem PKV-Verband abgestimmten Entwurf zur GOÄneu und bat um Zustimmung zur GOÄ-Novelle. Er warnte die Delegierten: Bei Ablehnung des Entwurfs wäre die Chance zu einer neuen GOÄ am Nullpunkt angelangt, der politische Schaden für die Ärzteschaft immens.
Vorwürfen, die Entstehung und Inhalte der neuen GOÄ seien intransparent und bei den Vorgängen seien die Verbände nicht ausreichend einbezogen worden, begegnete Reinhardt mit Fakten: Die Arbeit an der GOÄneu, die 2017 startete, sei immer transparent gewesen. Alles sei abgestimmt mit 165 Fachverbänden und -gesellschaften, zahlreiche Workshops und Clearingverfahren seien durchgeführt worden. Auch versprach er, dass die Arbeit an der GOÄneu kontinuierlich weitergehe und weiterhin Verbesserungen umgesetzt würden.
An einem Beispiel verdeutlichte Reinhardt, wie die Welt nach einer GOÄ-Reform aussehen wird. Ein typischer Fall wäre der Patient, der mit Bauchschmerzen in die Praxis kommt. Es wird untersucht, ein Ultraschall durchgeführt. Dabei ergibt sich der Verdacht auf Lebermetastasierungen. Es folgt ein Beratungsgespräch mit dem Patienten, der nach Hause geht und das seiner Frau erzählt.
Diese ist vollkommen aufgeregt, beide wollen am Nachmittag noch einmal mit der Ärztin oder dem Arzt sprechen. In der jetzigen GOÄ hätte nur ein Ultraschall und eine Beratung angesetzt werden können. Mit der geplanten GOÄneu könnten alle Gespräche abgerechnet werden. Auch unsinnige Ausschlüsse in der jetzigen GOÄ, dass nur das eine oder andere Organ geschallt werden kann, seien herausradiert worden, erklärte Reinhardt.
“Die alte GOÄ bildet schon lange nicht mehr den Kern des ärztlichen Handelns ab”, stellt auch Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, klar und hofft darauf, dass die reformierte GOÄ schnell umgesetzt wird. Besonders positiv findet er die Einführung einer hausärztlichen Betreuungspauschale, die mit rund 90 Euro bewertet ist, zweimal in einem halben Jahr abgerechnet werden kann und von allen Ärztinnen und Ärzten angesetzt werden kann.
Auch neue Ziffern, wie etwa die GOÄ Nr. 20 (rund 41 Euro), begrüßt Beier. Diese könne dann angesetzt werden, wenn Befunde von Patientinnen und Patienten gesichtet werden müssen. Das komme im ärztlichen Alltag häufig vor.
Probleme mit GOÄ nehmen zu
Eine rasche Umsetzung der beim DÄT beschlossenen Reform ist jetzt auch wichtig, weil die Probleme mit der alten GOÄ zunehmen. Bei der Sichtung von Analogabrechnungen zeigt sich das Dilemma der Ärztinnen und Ärzte: Viele der erbrachten Leistungen sind nicht in der veralteten GOÄ abgebildet. So kann es schnell geschehen, dass eine für den Zeitaufwand passende Leistung herausgesucht wird, die aber eigentlich gar nicht so richtig zur Leistungsziffer passt.
Das wiederum führt nicht nur zu Ärger mit der Privaten Krankenversicherung. Auch das Vertrauensverhältnis zu den Patientinnen und Patienten kann darunter leiden. Und die vielen Abrechnungsausschlüsse sind für Ärztinnen und Ärzte kaum noch zu durchschauen.