Berlin. Angesichts immer höherer Milliardenkosten und steigender Beiträge soll eine Kommission Vorschläge für eine grundlegende Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erarbeiten. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sagte bei der Vorstellung des Gremiums am Freitag (12. September), der Handlungsdruck liege auf der Hand, und eine tiefgreifende Stabilisierung sei überfällig.
“Bereits ab dem Jahr 2027 rutschen wir beim Defizit in den zweistelligen Milliardenbereich”, warnte sie.
Die Kommission mit zehn Expertinnen und Experten soll laut Zeitplan des Bundesgesundheitsministeriums bereits bis März 2026 erste Vorschläge zur Stabilisierung der Beitragssätze ab 2027 vorlegen.
Arbeit “ohne politische Einflussnahme”
Die Kommission arbeite frei und “ohne politische Einflussnahme”, betonte die Ministerin. Die Arbeit aufnehmen soll das Gremium am 25. September.
Besetzt ist die „FinanzKommission Gesundheit“ paritätisch mit zehn Vertreterinnen und Vertretern aus den Bereichen Ökonomie, Medizin, Sozialrecht, Ethik und Prävention. Konkret gehören ihr an:
- Prof. Dagmar Felix, Professorin für Öffentliches Recht mit dem Schwerpunkt Sozialrecht, Universität Hamburg
- Prof. Ferdinand Gerlach, Professor für Allgemeinmedizin und Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
- Prof. Wolfgang Greiner, Professor für Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement, Universität Bielefeld
- Prof. Michael Laxy, Professur für Public Health und Prävention, Technische Universität München
- Prof. Jonas Schreyögg, Professor für Management im Gesundheitswesen, Universität Hamburg
- Prof. Leonie Sundmacher, Professorin für Gesundheitsökonomie, School of Medicine & Health, Technische Universität München
- Prof. Gregor Thüsing, Professor für Arbeitsrecht und Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und das Recht der sozialen Sicherheit, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
- Prof. Verena Vogt, Professorin für Quantitative Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Jena
- Prof. Eva Winkler, Onkologin und Professorin für Translationale Medizinethik, Universität Heidelberg
- Prof. Amelie Wuppermann, Professorin für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft, Universität Bayreuth
Bekannte Gesichter – aber keine Niedergelassenen
Im Gesundheitswesen sind viele der Köpfe bekannte Größen. So gehören Prof. Jonas Schreyögg und Prof. Leonie Sundmacher beispielsweise dem Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege an.
Mit Prof. Ferdinand Gerlach, der dem Sachverständigenrat ebenfalls lange angehörte, ist auch ein Facharzt für Allgemeinmedizin im Gremium vertreten. Er ist beispielsweise eng in die Evaluation der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) eingebunden und weiß um deren Stärken für die Patientenversorgung.
Gleichwohl, gab Dr. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) am Freitag am Rande der Vertreterversammlung in Berlin kritisch zu bedenken, fehlen in der Kommission – mal wieder – die niedergelassenen Ärzte. Diese wären wichtig, um auch die Sicht aus dem Versorgungsalltag in die Reformvorschläge einzubeziehen. Gassen setzt jedoch darauf, dass Warken die KBV bei Reformvorhaben mit einbeziehen wird.
Vorschläge werden in zwei Stufen vorgelegt
Union und SPD hatten die Kommission bereits in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Zunächst war geplant, dass sie bis Frühjahr 2027 Vorschläge erarbeiten soll.
Konkret soll die Kommission mögliche Maßnahmen auf der Einnahmen- und der Ausgabenseite der GKV vorschlagen, mit denen der Beitragssatz in der GKV bereits ab 2027 stabilisiert werden kann. Dafür ist nun ein zweistufiges Verfahren geplant:
- Einen ersten Bericht mit kurzfristig wirksamen Maßnahmen soll die Kommission bereits Ende März 2026 vorlegen. Darin sollen unter anderem maßgebliche Kostentreiber, sowie Ineffizienzen auf der Ausgabenseite und Probleme auf der Einnahmenseite identifiziert werden.
- Ein zweiter Bericht soll bis Dezember 2026 vorgelegt werden und mögliche Strukturreformen für die GKV aufzeigen, mit denen das Ausgabenwachstum mittel- bis langfristig reduziert und den Herausforderungen auf der Einnahmenseite begegnet werden kann.
Unabhängig davon ringt die Koalition um kurzfristige Maßnahmen, die erneute Erhöhungen der Beiträge Anfang 2026 abwenden sollen.