Neben mehr Kompetenzen für Pflegepersonal ist die geplante Pflegereform kurzfristig um zentrale Punkte für Ärztinnen und Ärzte erweitert worden. Mit der Zustimmung des Bundeskabinetts Anfang August ist aus dem ursprünglichen Pflegekompetenzgesetz damit das Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege geworden, das eine Vielzahl an Vorhaben – auch für Praxen – beinhaltet:
- Das Gesetz soll mehr Rechtssicherheit für Vertrags- und Poolärztinnen und -ärzte im Notdienst bringen. Seit einem Urteil des Bundessozialgerichts 2023 galt die Tätigkeit mehrheitlich plötzlich als sozialversicherungspflichtig. Künftig sollen KVen den Notdienst so gestalten können, “dass die Voraussetzungen für eine selbstständige Tätigkeit erfüllt sind”. Zudem sollen sie eine Sicherstellungspauschale an Ärzte zahlen können, wenn dies zur Sicherung des Notdienstes, etwa in ländlichen Regionen, nötig ist. Der Notdienst soll außerdem als “Annex zur Haupttätigkeit” gelten, wenn Vertragsärztinnen und -ärzte diese Tätigkeit übernehmen, zu der sie aufgrund ihrer Zulassung verpflichtet sind. “Die gefundenen Regelungen werden endlich den Unsicherheiten um den vertragsärztlichen Notdienst ein Ende setzen”, sagte Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes.
- Ein weiterer Punkt dreht sich um den Strukturfonds, mit dem regional ausgewählte ärztliche Leistungen gefördert werden. Künftig sollen KVen frei entscheiden können, welche Honorare aus vertragsärztlicher Tätigkeit sie zur Finanzierung des Fonds heranziehen. Die Änderung ist aufgrund der hausärztlichen Entbudgetierung nötig. So sollen Verwerfungen reduziert werden, die sich ansonsten bei der Auszahlung der Leistungen ergeben hätten, die nicht von der Entbudgetierung betroffen sind (etwa Sonografie, psychosomatische Grundversorgung oder Schmerztherapie), erklärt der Verband. Dies sei ein Schritt in die richtige Richtung, perspektivisch müsse der Gesetzgeber aber dafür sorgen, dass sämtliche Leistungen der hausärztlichen Kerntätigkeit vollständig vergütet werden.
- Weitere Aspekte betreffen die Digitalisierung: So sollen Ärztinnen und Ärzte nicht verpflichtet sein, die elektronische Patientenakte (ePA) zu befüllen, wenn dem “erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen oder soweit gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles eines Kindes bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres vorliegen”. Darüber hinaus wird klargestellt, dass Praxisinhabende ihren Praxisausweis (SMC-B) nicht unbefugt weitergeben dürfen. Zudem soll künftig kein Heilberufsausweis (eHBA) mehr nötig sein, um auf eRezepte zugreifen zu können. Die elektronische Ersatzbescheinigung (eEB) sollen Praxen künftig via KIM direkt bei der Kasse anfordern können.
Kern des Gesetzes bleiben neue Kompetenzen für Pflegefachkräfte: Sie sollen je nach Qualifikation mehr Leistungen eigenverantwortlich erbringen dürfen, etwa die Versorgung von Wunden, Diabetes und Demenz sowie die Beratung zu Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln.