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KongressberichtWissen zum Mitnehmen: Das war der DEGAM-Kongress

Mehr als 400 Sessions in drei Tagen konnten die Teilnehmenden beim diesjährigen DEGAM-Kongress in Hannover besuchen. In unseren „Kongress-Schnipseln“ finden Sie Wichtiges und Interessantes kurz und kompakt zusammengefasst.

Dr. Andreas Philippi, Niedersächsischer Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung bei der Kongresseröffnung.

Humaninsuline – quo vadis?

Nachdem nach Sanofi auch Novo Nordisk seine Humaninsuline zum Ende 2025 vom Markt genommen hat, bleibt mit dem Humaninsulin des Herstellers Eli Lilly nun ein einziges Produkt auf dem Markt. Wobei auch hier mit einer Einstellung der Produktion zu rechnen sei, blickte Dr. Michael Horn vom Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) in die Zukunft. Damit hätten Insulinanaloga die Humaninsuline vom Markt verdrängt.

Dabei gebe es keine Evidenz für die Überlegenheit der Insulinanaloga, vielmehr stehe ein bisher nicht ausgeräumtes Risikosignal für ein erhöhtes Krebsrisiko im Raum, wie Dr. Günther Egidi von der DEGAM betonte. Durchgesetzt hätten sich Insulinanaloga trotzdem – und zwar wegen eines aggressiven Marketings.

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) sehen das anders – in der aktuellen NVL Typ-2-Diabetes wird der Dissens deutlich. Darin heißt es: „DEGAM und AkdÄ sehen keinen Vorteil langwirksamer Analoginsuline gegenüber NPH-Insulin.“ Und weiter: „DDG und DGIM [hingegen] präferieren langwirksame Analoginsuline [..]. Als Vorteile werden die geringere Rate an nächtlichen Hypoglykämien, Hypoglykämien insgesamt sowie das flache und stabile Wirkprofil gesehen.“ [1]

Für Dr. Bernardo Mertes, MVZ CCB Frankfurt am Main, „ist das Quatsch“. Er setze ausschließlich Humaninsuline ein und richte sich dabei nach dem „Frankfurter Modell“. Dieses Modell, ähnlich einem Baukasten, kommt zum Einsatz, wenn Lebensstilinterventionen und orale Antidiabetika wie SGLT-2-Hemmer nicht zum Erfolg führen. Das Therapieschema geht dabei in vier Schritten vor:

  1. Adaption anderer Antidiabetika
  2. Start mit 0,11 IE/kg NPH-Insulin zur Nacht
  3. Einwöchige Blutzuckermessung (Protokoll für Patienten: hausarzt.link/AZVwq). Wenn 1. Blutzucker im Schnitt <200 mg/dl (HbA1c <8,5 %): Fortsetzung der Therapie, wenn 2. Blutzucker im Schnitt >200 mg/dl (HbA1c >8,5 %): Zusätzlich Normalinsulin zu den Hauptmahlzeiten
  4. Eskalation oder Deeskalation der Therapieform nach drei Monaten.

Fazit: Derzeit gilt ein G-BA-Beschluss, nach dem sich die Preise für Insulinanaloga nach den Preisen für Humaninsuline richten. „Solange dieser Beschluss gültig ist, haben wir einen gewissen ‚Schutz‘ und es selbst in der Hand, Humaninsuline zu verordnen“, sagte Dr. Erika Baum, ehemalige DEGAM-Vorsitzende.

Literatur:

  1. NVL Typ-2-Diabetes

Das Monitoring-Paradox

Die regelmäßige Wiedervorstellung ist ein wichtiger Teil in der hausärztlichen Langzeitbegleitung von Menschen. Gleichzeitig enthalten Leitlinien nur teilweise Empfehlungen zum Monitoring von Erkrankungen. Das Problem: Wo Empfehlungen ausgesprochen werden, haben diese häufig eine hohe Empfehlungsstärke, sind aber wenig konkret etwa in Bezug auf Konsequenzen des Monitorings – und basieren oft nur auf niedriger Evidenz.

„Das begünstigt einen Wildwuchs an Maßnahmen, diagnostische Kaskaden und Überdiagnostik“, folgerten Dr. Felix Werner und Dr. Victoria Koschemann von der Uni Erlangen. Sie stellten auf dem DEGAM-Kongress ein systematisches Review von 29 nationalen und europäischen Leitlinien vor, die für die hausärztliche Versorgung relevant sind. Um Leitlinien und damit auch die Versorgung zu verbessern, brauche es weltweit andere Forschungsstrukturen zu Monitoring, machten sie deutlich.

An einem Forschungskonzept dafür arbeiten bereits mehrere Teams der allgemeinmedizinischen Institute der Universitäten Erlangen und Marburg. Dieses ChroMo-Projekt wird vom Innovationsfonds finanziert. Auf dem Kongress gaben sie erste Einblicke in ihre Ergebnisse zum Monitoring von Menschen mit koronarer Herzkrankheit (KHK) und Schlaganfall.

In Befragungen von Betroffenen sowie Ärztinnen und Ärzten wurde deutlich, dass das Monitoring mit Echokardiographie bei KHK oder Doppler bei Schlaganfall das Sicherheitsgefühl stärkt. Gerade Patientinnen und Patienten nehmen die Grenzen der Untersuchungen eher nicht wahr. Sie werten Monitoring als Zeichen einer hochwertigen Versorgung und ein Verzicht würde Sorgen auslösen und als Sparmaßnahme empfunden.

Die befragten Hausärzte, Kardiologen und Neurologen betrachteten Monitoring hingegen kontroverser. Allerdings wurde ebenso deutlich, dass in der Praxis auch Abrechnungsbestimmungen die Durchführung begünstigen, obwohl diese medizinisch nicht unbedingt angezeigt wäre.

Ergänzend werteten die Forschungsteams Abrechnungsdaten von AOK-Versicherten aus. Von knapp 111.000 Schlaganfallpatienten wurde etwa ein Viertel mindestens einmal in sechs Jahren mit einem Doppler untersucht. Knapp zwei Prozent wurden jährlich untersucht, etwa jeder Zehnte alle zwei Jahre.

Ähnlich bei KHK: Von rund 995.000 AOK-Versicherten mit KHK fand bei etwa 18 Prozent eine Echokardiographie in mindestens drei von vier Jahren statt. „Sie bekommen also circa alle zehn Monate ein Echo, wenn sie im Monitoring sind“, fasste Dr. Lydia König von der Uni Marburg zusammen. Dabei gebe es dafür keine Evidenz, da die Erkrankung in den Herzgefäßen bei der Untersuchung nicht sichtbar gemacht werden könne.

In der anschließenden Diskussion machte Prof. Thomas Kühlein, Uni Erlangen, auf ein Paradox aufmerksam: Einerseits würde das regelmäßige Monitoring von Erkrankten wie Ärzten in den Befragungen als wichtig empfunden. Andererseits zeige die Auswertung der Routinedaten, dass ein kleinerer Anteil der Patienten ein Monitoring erhält, als man erwarten würde. Diesen Widerspruch können sich die Forschenden noch nicht gänzlich erklären.

Neue Statin-Schwelle hält Einzug in DEGAM-Leitlinie

Die DEGAM kommt beim Update der S3-Leitlinie „Beratung zur kardiovaskulären Prävention“ den Gebietsfachärzten sowie dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) teilweise entgegen. Das berichteten die Autoren Dr. Günther Egidi und Dr. Uwe Popert, die Einblick in die Änderungen der im August publizierten Leitlinie gaben. Alle Änderungen finden Sie im Artikel “Neue Statin-Schwelle hält Einzug in DEGAM-Leitlinie“.

Ulcus cruris: Bessere Wundheilung mit leitliniengerechter Kompression

Rund 95 Prozent der Menschen mit Ulcus cruris venosum (UCV) werden hausärztlich betreut, berichtete Privatdozent Dr. Jonas Senft vom Universitätsklinikum Heidelberg. Eine kontinuierliche Kompressionstherapie, die auch in der Leitlinie empfohlen wird, verdoppele dabei die Chance auf Heilung, so Senft. Aber: Nur 47 Prozent der Patientinnen und Patienten mit UCV wird die Therapie einmal verordnet, und nur 14 Prozent mehrfach, also „so wie es eigentlich sein sollte“, wie Senft und sein Forschungsteam herausgefunden haben.

Gründe dafür sind zum einen der Fokus auf die lokale Wundversorgung, zum anderen mangelnde Information seitens Ärzten und Patienten sowie die unkoordinierte Versorgung mit vielen verschiedenen Anlaufstellen (z.B. Pflegedienst, Wundmanager). Das lässt sich ändern, wie das Pilotprojekt „Ulcus cruris Care (UCC)“ zeigt, das Senft und sein Team in einer noch unpublizierten Phase-III-Studie evaluiert haben.

Die teilnehmenden Hausarztpraxen wurden dabei aufgeteilt in eine Interventionsgruppe und eine Kontrollgruppe. In der Interventionsgruppe erhielten Ärztinnen und Ärzte sowie die MFA eine Onlineschulung, die Patienten erhielten eine standardisierte Edukation sowie einen Kurs und es gab ein softwaregestütztes Fallmanagement per „CareCockpit“. Insgesamt nahmen 58 Personen an der Studie teil. Primärer Endpunkt war die Zeit bis zur Wundheilung, bestätigt durch zwei verblindete Untersucher.

Ergebnis: In der Interventionsgruppe wurde die Wundheilung deutlich schneller erreicht, die Hazard Ratio (HR) betrug 2,71 – „allerdings leider nicht signifikant“, wie Senft zugab. Ein Grund könnte in der Corona-Pandemie liegen, die die Patientenrekrutierung im Zeitraum 2021-2022 erschwerte – geplant worden war mit mehr als doppelt so vielen Patienten.

Der sekundäre Endpunkt (Wundheilung nach zwölf Monaten) hingegen wurde in der Interventionsgruppe signifikant häufiger erreicht (HR: 3,60). Zudem wurde eine leitliniengerechte, kontinuierliche Kompression deutlich häufiger in der Interventionsgruppe durchgeführt (72,2 versus 33,3 Prozent), und auch die von den Patienten berichtete Lebensqualität nahm signifikant zu (QoL-Score 0,75 versus 0,40). Und: Die fallbezogenen Kosten waren wesentlich geringer (1.457 versus 3.153 Euro).

Fazit: „Zum einen zeigt sich, dass Hausärztinnen und Hausärzte chronische Wunden prinzipiell sehr gut versorgen können“, so Senft, „es geht aber besser als bisher.“ Die strukturierte Schulung von Ärzten und nicht-ärztlichen Fachkräften sowie ein patientenzentrierter Behandlungsansatz seien wirksame Methoden zur Verbesserung der Versorgungsqualität.

Abnehmspritzen werfen weiter Fragen auf

Wie können Abnehmspritzen mit Tirzepatid, Semaglutid oder Liraglutid optimal in der Behandlung von Adipositas eingesetzt werden? Das ist aus Sicht des Autorenteams eines neuen Cochrane-Reviews um Dr. Juan Franco von der Uni Düsseldorf nach wie vor nicht klar.

Einerseits würden innerhalb von 18 Monaten große Gewichtsverluste erzielt (Tab. 1 unten). Danach stagniere aber das Gewicht und „die Lebensqualität verbessert sich durch die Behandlung nicht“, hob Franco ein Ergebnis der Metaanalyse von 47 Studien hervor. Zudem treten sehr häufig vor allem gastro-intestinale Beschwerden auf.

„Nach zwei Jahren bricht deswegen knapp die Hälfte der Menschen die Behandlung ab.“ Im Schnitt nähmen diejenigen dann wieder das an Gewicht zu, was sie vorher verloren hätten, ergänzte Franco. Eine intensive begleitende Verhaltenstherapie untersuchten nur drei Studien. Dies habe in etwa zu weiteren fünf Prozent Gewichtsverlust geführt, so Franco.

Auf Rezept: Hilfe bei sozialen Problemen

Einsamkeit, Beziehungsprobleme oder Konflikte auf der Arbeit können auch die Gesundheit beeinflussen. So ist beispielsweise soziale Isolation als Risikofaktor für Demenz zu betrachten [1]. Hausärztinnen und Hausärzte sind für viele Menschen Vertrauenspersonen und erster Ansprechpartner – auch bei sozialen Problemen.

Ein Pilotprojekt in Hamburg hat untersucht, ob ein Sozialrezept als Schnittstelle zwischen medizinischem und sozialem Versorgungssystem Betroffenen bei sozialen Problemen helfen kann. Entwickelt wurde das Projekt vom Hausärztinnen- und Hausärzteverband Hamburg, dem Institut und der Poliklinik für Allgemeinmedizin und dem öffentlichen sozialen Träger hamburger arbeit.

Über sechs Monate hinweg erhielten 156 erwerbsfähige Personen zwischen 18 und 65 Jahren aus Hamburg einen Termin à 60 Minuten bei einer Sozialarbeiterin sowie bei Bedarf weitere Termine. Die Sozialarbeiterin half beim Stellen und Verstehen von Anträgen, bei Problemen mit Wohnraum oder Finanzen sowie bei der Arbeitssuche. Bei Bedarf vermittelte sie die Patientinnen und Patienten auch an lokale soziale Angebote.

Die Termine wurden über die sechs teilnehmenden Hausarztpraxen vermitteln und fanden dort auch statt. Anschließend wurden die Teilnehmenden per Fragebögen nach ihren Erfahrungen befragt, die Hausärztinnen und Hausärzte in einem gemeinsamen Workshop.

Ergebnis: Die Patientinnen und Patienten äußerten sich sehr positiv über das breite Beratungsspektrum und die barrierefreie Kommunikation. Die meisten (74 Prozent) benötigten lediglich einen Beratungstermin, um ihre Fragen ausreichend zu klären und die nächsten Schritte eigenständig zu unternehmen. Die Beratung führte zudem zu einer Arbeitserleichterung der Hausärztinnen und Hausärzte und stärkte die Vernetzung der teilnehmenden Praxen im Sozialraum.

Fazit: In den Niederlanden und im Vereinigten Königreich ist das Sozialrezept im ambulanten Bereich bereits etabliert. In Deutschland wird das Social Prescribing derzeit lediglich in Pilotprojekten evaluiert, hier zeigen sich aber positive Effekte.

Literatur:

  1. doi 1016/S0140-6736(24)01296-0

Shisha ist nicht gleich Rauchen

Beim Raucherstatus sollten Ärztinnen und Ärzte genauer nachfassen. Das folgert das Team um Cynthia Fedler von der Uni Düsseldorf. Denn bei ihrer Onlinebefragung von 1.209 Volljährigen schätzten sich viele Shisha-Konsumenten nicht als Raucher ein.

Wenn ein Arzt sie fragt, „rauchst du?“, würden dies 45 Prozent verneinen (Subgruppe von 86 Shisharauchern). Im Gespräch oder in Anamnesebögen sollte daher differenziert nachgefragt werden, ob andere nikotinhaltige Produkte wie E-Zigaretten oder Shisha genutzt werden, riet Fedler beim DEGAM-Kongress.

Hinzu kommt, dass die Risiken von Shisharauchen oft unterschätzt würden. Der süße Geschmack überdecke den Rauch und häufig würde später von Shishas auf E-Zigaretten oder Zigaretten umgestiegen. „Shisha-Produkte enthalten genauso viele schädliche Stoffe wie Zigaretten“, warnte Fedler.

Während die Mehrheit der Befragten (48 Prozent von 581 befragten Shishakonsumenten) sich keine Infos zu den Gesundheitsrisiken wünscht, möchte immerhin ein Viertel (24,7 Prozent) von Ärztinnen und Ärzte informiert werden, knapp gefolgt von Social media-Angeboten (23,7 Prozent), zeigt die Befragung.

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