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46. Hausärztinnen- und HausärztetagUmfrage zeigt großen Reformwillen

Immer mehr immer ältere Patienten: Fast drei Viertel der Menschen machen sich Sorgen um ihre ambulante Versorgung. Das zeigt eine aktuelle Befragung im Auftrag des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. Wie sich der demografische Wandel in Praxen niederschlägt, welche Zukunfts-Optionen es schon heute gibt – und wie die Transformation Praxen jeder Größe gelingen kann.

Bei der Vorstellung der aktuellen Befragung in Berlin (v.li.): die Co-Bundesvorsitzenden Dr. Markus Beier und Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth und PCM Kerstin Petermann.

Berlin. Der demografische Wandel wird sowohl von Versicherten als auch von Praxisteams ein Umdenken erfordern. Dabei ist großer Reformwille vorhanden, zeigt eine aktuelle Befragung, die der Hausärztinnen- und Hausärzteverband (HÄV) nur wenige Tage vor dem Start des 46. Hausärztinnen- und Hausärztetags am Donnerstag (18. September) durchführen ließ.

Gut drei von fünf Menschen (61, 9 Prozent) stimmten darin zu, dass es grundlegende Reformen braucht – auch, wenn das Umstellungen für die Patientinnen und Patienten bedeutet. Vor allem unter älteren Befragten (65+ Jahre) erntete die Aussage Zustimmung (69,6 Prozent), während sie unter den 18- bis 29-Jährigen etwas geringer ausfiel (52,9 Prozent).

Etwa 63 Prozent wären bereit, an einem Hausarztprogramm teilzunehmen, wenn dies zu einer besseren Versorgung führt. Interessant: Dieser Wert liegt in schwach besiedelten Regionen signifikant höher als in Regionen mit sehr hoher Bevölkerungsdichte.

Verneint haben beide Fragen jeweils rund 25 Prozent der Befragten.

„Die Menschen spüren, dass ihre hausärztliche Versorgung auf dem Spiel steht, und sie wünschen sich die entsprechenden Reformen“, bilanziert Dr. Markus Beier, Co-Bundesvorsitzender des HÄV. Gemeinsam mit seiner Amtskollegin Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Kerstin Petermann, Medizinische Fachangestellte (MFA) und Primary Care Managerin (PCM), hat er die Zahlen in Berlin vorgestellt.

Durchgeführt hatte die repräsentative Umfrage Civey im Auftrag des Verbandes. Rund 5000 Bürger ab 18 Jahren wurden hierfür zwischen dem 8. und 10. September befragt.

Demografischer Wandel im Praxisalltag

Dass sich der demografische Wandel unmittelbar auch im Praxisalltag bemerkbar macht, belegte Beier darüber hinaus mit Zahlen. Die Gruppe der 70- bis 80-Jährigen verbuche 34 Arztbesuche im Jahr, die Gruppe der Über-80-Jährigen sogar 39. Zusätzlich benötigten diese Beratungsanlässe deutlich mehr Zeit aufgrund der Bedürfnisse der älteren Menschen, beispielsweise mit Blick auf die Medikationspläne der meist multimorbiden Hochbetagten.

Kerstin Petermann, die seit 38 Jahren als MFA in einer Praxis in Bamberg tätig ist, seit zwölf Jahren als Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis (VERAH) weiterqualifiziert ist und jüngst ihr PCM-Studium erfolgreich abgeschlossen hat, stimmte zu: „Wir spüren das auch in den Teams.” Durch die Betreuung von immer mehr immer älteren Menschen ergäben sich ein erhöhter administrativer Aufwand, ein höherer Beratungsbedarf beispielsweise aufgrund kognitiver Einschränkungen, mehr Gesprächsbedarf mit Angehörigen und Schnittstellen zu Pflege und Physiotherapie, zählte sie einige Beispiele aus dem Praxisalltag auf. “Der Aufwand ist groß und wird immer größer.” Ohne ein strukturiertes Vorgehen könne das Teams Sorgen 8bereiten.

“Psychosoziale Ängste wie Einsamkeit, Sterbewünsche, Gedanken am Lebensende: Das sind Themen, die nicht in fünf Minuten abgehandelt sind”, sagte Petermann. „Da sehe ich uns in der Verantwortung, diese Gespräche mit zu übernehmen und damit die Hausärzte zu entlasten.“ Sie erinnerte, dass beispielsweise jeder fünfte Hochbetagte depressive Symptome aufweise.

Zusätzlich forderten bei dieser Patientengruppe digitale Entwicklungen wie die elektronische Patientenakte (ePA) oder eRezept zusätzliche Beratung.

Vor dem Hintergrund der Ergebnisse forderte der Hausärztinnen- und Hausärzteverband die schwarz-rote Koalition auf, den nötigen Reformwillen zu zeigen. Im Koalitionsvertrag sei bereits das Ziel formuliert, ein verbindliches Primärarztsystem zu etablieren, so Beier. Darüber hinaus seien jedoch noch keine konkreten Schritte gemacht worden.

HZV kann jederzeit ausgerollt werden

Dabei müsse das Rad nicht neu erfunden werden, erinnerte Co-Bundesvorsitzende Buhlinger-Göpfarth. „Wir haben mit der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) bereits alles an der Hand, was wir benötigen – und die Menschen auf unserer Seite“, sagte sie mit Blick auf die Zahlen. Die HZV könne auch bei der „Alterswelle, die auf uns zurollt“, helfen.

Vor allem von den hausärztlichen Koordinationsleistungen profitierten gerade Hochbetagte in der HZV, sagte sie und erinnerte an vorliegende wissenschaftliche Evaluationen der HZV, die die Versorgung nachweislich verbessert.

Beier und Buhlinger-Göpfarth erinnerten, dass es international bereits seit Jahren Konsens sei, primärärztliche Systeme im Sinne einer „Continuity of Care“ zu stärken. So habe die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dies schon 2008 empfohlen. Nur hinke Deutschland hier bislang hinterher, monierten die Bundesvorsitzenden.

Praxen zukunftsfit machen mit HÄPPI und PCM

Nicht zuletzt zwei Schritte könnten helfen, die hausärztliche Versorgung zukunftsfit machen: HÄPPI, kurz für Hausärztliche Primärversorgung – Patientenversorgung Interprofessionell, und PCM, die hierbei zum Einsatz kommen.

Das Konzept HÄPPI hat eine patientenzentrierte hausärztliche Versorgung zum Ziel und setzt auf die interprofessionelle Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen wie PCM oder Physician Assistants (PA) unter dem Dach der Hausarztpraxis. Es bindet die Patientenperspektive, digitale Instrumente und die Kooperation mit weiteren Akteuren ein.

„Jede Praxis, auch die kleine Einzelpraxis, kann sich zum leistungsfähigen HÄPPI transformieren“, unterstrich Buhlinger-Göpfarth. Damit seien auch die vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) errechneten zwei bis vier zusätzlichen Hausarztkontakte mehr pro Tag zu stemmen, betonte sie.

Das Konzept werde nun „vom Südwesten der Republik aus ausgerollt“, so Buhlinger-Göpfarth.

“HÄPPI bringt Struktur: Wer ist wofür verantwortlich? Das bringt eine Zukunftsperspektive, die auch das Berufsbild deutlich attraktiver macht”, unterstreicht MFA Petermann.

Dass Patientinnen und Patienten einer stärkeren Delegation offen gegenüber sind, belegen unterdessen die aktuellen Zahlen: Etwa 70 Prozent der Befragten könnten sich vorstellen, einfache medizinische Anliegen wie Erkältungen oder Routinehausbesuche auch von nicht-ärztlichen Fachkräften versorgen zu lassen – wobei der überwiegende Teil davon voraussetzt, dass im Zweifel eine Hausärztin oder ein Hausarzt hinzugezogen werden kann. Die Zahlen decken sich mit einer ähnlich gelagerten Befragung aus dem Jahr 2024.

So gelingt die Transformation im Team

Während die Umfrage den Versicherten Reformwille attestiert, unterstrichen Beier, Buhlinger-Göpfarth und Petermann unisono diesen Willen für Hausärztinnen und Hausärzte und ihre Praxisteams.

Seit 2022 hätten sich bereits 240 Studierende in das PCM-Studium eingeschrieben, das heute sowohl berufsbegleitend als auch als duales Studium bereits während der Ausbildung begonnen werden kann. “Das bedeutet eine deutliche Aufwertung für unseren Beruf, der lange nicht sichtbar war”, findet sie.

Dabei geht die Aufwertung im Praxisalltag durchaus mit Veränderungen einher, die mit guter Kommunikation begleitet werden müssen, betonten Petermann und Buhlinger-Göpfarth.

“Als meine PA das erste Mal mit dem Stethoskop vor mir gestanden hat und die Infektsprechstunde übernommen hat, war das für mich ein ungewohnter Anblick”, gibt die Hausärztin zu. Heute, ein dreiviertel Jahr später, sei dies völlig normal, macht sie Kolleginnen und Kollegen Mut, Aufgaben stärker zu delegieren. Die Akzeptanz unter ihren Patientinnen und Patienten sei ausgesprochen hoch – auch weil sie spürten, dass sie als Hausärztin immer nur “ein Molekül Luft” entfernt sei. “Das ist ein Transformationsprozess für das gesamte Team”, sagt sie.

Sowohl Hausärztin und MFA erinnern unterdessen, dass Teams dabei jedoch nicht allein gelassen werden: Die offizielle Umwandlung in ein HÄPPI gehe mit Auflagen einher, die auch Team-Schulungen beinhalten, die bei genau dieser arbeitspsychologischen Komponente unterstützen, so Buhlinger-Göpfarth.

Auch im Studium hätte sie behandelt, wie das Team in die neuen Rollen finden könne, erklärt Petermann. “Es ist wichtig, dass jede die Rolle findet, in der sie sich wohlfühlt. Das erfordert Kommunikation – trägt dann aber sehr zur Zufriedenheit jedes einzelnen Teammitglieds bei.”

 

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