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Interview “Gegen das Aus der TI-Zertifikate gibt es keinen Zaubertrick”

Die ablaufenden Sicherheitszertifikate in Komponenten zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) haben in den letzten Wochen in vielen Praxen für Mehrarbeit gesorgt. Jochen Brüggemann, Geschäftsführer von RED, spricht im Interview über technische Hintergründe.

Der Austausch der Komponenten ist jetzt auf der Zielgeraden.

Themen rund um die Praxissoftware bedeuten im hausärztlichen Alltag oft einen bedeutenden Zeitfresser. Wie schätzen Sie das Zertifikatsthema aus technischer Sicht ein?

Jochen Brüggemann: Ich verstehe, dass der nötige Umstieg auf die aktuelle Verschlüsselung im ohnehin dicht getakteten Praxisalltag ein Ärgernis darstellen kann. Dass Selbstverwaltung und Hersteller davon jedoch scheinbar so überrascht wurden, wundert mich. Denn für uns sind ablaufende Sicherheitszertifikate etwas ganz Normales – und auch etwas Nützliches.

So wird ein Moment erzwungen, in dem die Ampel auf Rot gestellt wird, um kurz innezuhalten und zu prüfen, ob der Status quo noch korrekt ist. Man will keinen Komponenten lebenslangen Zugriff auf sicherheitskritische Systeme geben. Insofern sind ablaufende Zertifikate zunächst einmal sinnvoll. Ob man die Zertifikate aber in Hardware gießt, die dann nach fünf Jahren in der Praxis aufwändig ausgetauscht werden muss, darüber kann man sich streiten.

Sie sind kein Fan der Konnektoren der ersten Generation in Form von Plastikboxen, wie sie in den meisten Praxen bislang stehen…

(lacht) Nein. Wir hatten von Anfang an kein Interesse, Konnektoren in Arztpraxen zu stellen. Wir bieten eine cloudbasierte Praxissoftware an, das hat für uns nicht zusammengepasst. Sprich: Wir wollen Server und komplexe IT seit jeher aus den Arztpraxen draußen halten.

Das, was jetzt als TI 2.0 verkauft wird, machen wir dementsprechend schon seit sechs Jahren: Wir bieten “TI as a Service” (TIaaS) und betreiben dafür eine riesige Konnektorenfarm vor den Toren von München. Hier stehen hunderte Konnektoren in sogenannten Racks anstatt in der Praxis vor Ort.

Ein sogenanntes TI-Gateway geht noch ein Stück weiter und verzichtet auf einen physischen Konnektor. Wo genau liegen die Unterschiede zwischen Einbox-Konnektoren, TIaaS und TI-Gateway?

Technisch ist der Unterschied äußerst gering. Im Grunde ist es so: Ihre Praxissoftware spricht mit einem Konnektor, er ist das Bindeglied zwischen PVS und TI – egal, wo der Konnektor steht. Optisch unterscheiden sie sich leicht voneinander: Der Konnektor, der in der Praxis steht, sieht ein bisschen aus wie eine Fritzbox, die man auf den Bauch gelegt hat. Die Konnektoren in unseren Racks sehen so aus wie die, die man aus Rechenzentren in Spielfilmen kennt.

Und das TI-Gateway verzichtet komplett auf einen physischen Konnektor, dabei handelt es sich um eine rein virtuelle Maschine. Das Interessante aber: Die Software, die auf ihnen läuft, ist in allen Fällen die gleiche. Das war übrigens auch explizit eine der Zulassungsvoraussetzungen der Gematik: Die Betriebssoftware des TI-Gateways musste versionsgleich zu jener der Einbox-Konnektoren sein. Ihrem PVS ist es damit egal, ob es mit dem Konnektor in der Praxis, in einer Konnektorenfarm oder dem virtuellen TI-Gateway “spricht”. Die Antworten sind dieselben.

Wie stehen Sie persönlich zum Umstieg auf ein TI-Gateway? Wenn ich Sie heute als Hausärztin anrufen und um Rat fragen würde, würden Sie mir zur Konnektorfarm oder zum TI-Gateway raten?

Ich bin da zugegebenermaßen konservativ eingestellt – aus verschiedenen Gründen. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass die TI Stand heute nicht stabil läuft. Es gibt immer wieder Ausfälle, die auch Hausärztinnen und Hausärzte in ihren Praxen erheblich treffen.

Nun könnte es natürlich sein, dass sich dies durch ein TI-Gateway bessert und die Verbindung stabiler und schneller ist – aber auch das Gegenteil kann der Fall sein. Wir haben hier schlichtweg noch keine Erfahrungen in der breiten Masse, die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen. (Anm. der Redaktion: Zuletzt waren laut Gematik-Angaben rund 22.000 TI-Gateways in Betrieb.)

Mein Rat ist daher die Konnektorfarm. In drei bis sechs Monaten kann das aber schon anders aussehen. Sobald die Erfahrungen aus der breiten Masse vorliegen, würde ich Ihnen grünes Licht geben. Ärztinnen und Ärzte, die aktuell zu uns wechseln, erhalten daher eine “Innovationsgarantie”: In dem Moment, in dem wir gemeinsam entscheiden, dass ein Umstieg auf das TI-Gateway jetzt empfehlenswert und passend ist, stellen wir ohne Mehrkosten darauf um.

Ebenfalls immer wieder Thema ist die Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen. Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht, dass Praxen PVS und Konnektor aus einem Hause wählen?

Unser Ziel war von Anfang an, nicht nur unsere eigenen PVS-Kunden an die TI anzuschließen, sondern auch Nutzer anderer Hersteller. Das zeigen ja auch die Zahlen: Wir haben rund 3.000 Praxen und Apotheken an die TI angeschlossen, 1.000 nutzen unsere Praxissoftware. Das zeigt deutlich: Rund 2.000 unserer TI-Kunden nutzen andere PVS. Es gibt auf dem gesamten Markt keine einzige Praxissoftware, die wir nicht schon angeschlossen hätten.

Der Austausch der Komponenten ist jetzt auf der Zielgeraden. Was ist mit Praxen, die den Umstieg nicht mehr schaffen?

Wir haben mit der Geschäftsführung des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes gesprochen und unsere Unterstützung zugesagt. Wir werden zum Jahresbeginn am 2. Januar verstärkt Kapazitäten freihalten für Praxen, die dann kurzfristig Hilfe benötigen. Unser Appell ist aber dringend, sich schon heute mit dem Thema auseinanderzusetzen. Denn wir können zwar Unterstützung zusagen, aber wir haben auch keinen Zaubertrick. Wenn Konnektoren abgeschaltet werden, dann sind sie abgeschaltet. Daran werden auch wir nichts ändern können.

Interessenskonflikte: Jochen Brüggemann ist Gründer und Geschäftsführer der RED Medical Systems GmbH.

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