Für die Heilung von Krankheiten ist das Zusammenspiel von Körper, Seele und Gemüt von großer Bedeutung. Das dürfte den meisten Hausärztinnen und Hausärzten nicht neu sein. Doch einer optimalen Behandlung stehen oft strukturelle Faktoren im Wege, kritisiert Prof. Wolfgang Schütte im Gespräch mit "Der Hausarzt".
Ein Lieblingsbild unseres Interviewten „Der Jungbrunnen“, nach einem Gemälde von Lukas Cranach, dem Älteren (1472-1553).
Welche Rolle spielt das Zusammenspiel von Körper und Seele bei der Behandlung?
Prof. Wolfgang Schütte: Die Wechselwirkung zwischen der Psyche und der Erkrankung in einem Menschen halte ich für ganz, ganz wichtig. Wir müssen die Krankheit immer im Kontext der jeweiligen Persönlichkeit sehen, nicht bloß als naturwissenschaftliches Phänomen.
Und je besser Patientinnen und Patienten in ihrer Gesamtheit erfasst werden, umso besser kann man auch die entsprechenden diagnostischen und therapeutischen Konzepte auf die jeweilige Person zuschneiden. Man kann den Körper nicht richtig heilen, ohne die Seele zu heilen.
Vor welchem Dilemma steht das Team einer Hausarztpraxis im Berufsalltag in diesem Zusammenhang?
Viele denken da vielleicht spontan an den Zeitfaktor. Also der Klassiker: Eine Hausärztin hat eine Patientin vor sich, die wegen Schnupfen einen Krankenschein will. Sie sieht der Patientin an der Nasenspitze an, dass da was ganz anderes dahinter steckt.
Ihr Konflikt: Gibt sie der Patientin jetzt einfach den Krankenschein und eine Tablette oder fragt sie nach, wie es ihr wirklich geht? Innerlich weiß sie: wenn sie fragt, bricht die Patientin sehr wahrscheinlich in Tränen aus. Es wird 20 Minuten dauern, bis sie den nächsten Patienten hereinbitten kann.
Und genau hier treten die Probleme mit den Angestellten und den Patienten auf, die im vollen Wartezimmer sitzen.
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