SECoTrain für MFAFür mehr Wohlbefinden und Stressabbau

2 Min.
9. Dez. 2025

„Mann, ich hab Dir doch schon dreimal erklärt, wie man das Zubehör vom EKG ordentlich lagert“, pampt die MFA sichtlich genervt die Auszubildende an. „Es tut mir leid“, reagiert die Kritisierte und meint: „Ich würde mich wirklich freuen, wenn Du es mir freundlicher sagen könntest.“ Die Szene stammt aus einem Beispielvideo aus SECoTrain. Das Online-Training wurde von wissenschaftlichen Mitarbeitern des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) in Bonn speziell für MFA entwickelt.

Um dem Druck im beruflichen Alltag standzuhalten und gesund zu bleiben, sind insbesondere in Berufen mit vielen Interaktionen mit Kunden bzw. Patienten soziale und emotionale Kompetenzen sehr wichtig, erklärt Dr. Tanja Tschöpe, gemeinsam mit Dr. Annalisa Schnitzler zuständig für SECoTrain (SECoTrain = Social and Emotional Competences Training) beim BIBB.

Mit dem speziell auf MFA zugeschnittenen Training können Praxismitarbeiter üben, gesund mit ihren Emotionen umzugehen, empathisch zu kommunizieren und verschiedene Anforderungen wie Zeitdruck, Interessenskonflikte und ein Wechseln zwischen Aufgaben besser zu bewältigen.

Drei Lerneinheiten

Zum Einsatz kommt das Online-Training seit Herbst 2025 an der Carl-Oelemann-Schule der Landesärztekammer Hessen. Dort haben angehende MFA im zweiten Ausbildungsjahr dann die Möglichkeit, die drei Lerneinheiten eigenständig durchzuführen. Jede Lerneinheit umfasst etwa eine Stunde, sagt Tschöpe.

Eine Interventionsstudie in 2023/24 mit etwa fünfhundert MFA, von denen die Hälfte das Training absolvierte, habe ein positives Fazit ergeben, erklärt Tschöpe gegenüber “Praxisteam”.

Erste Ergebnisse dieser Untersuchung hätten gezeigt, dass MFA, die das Training durchgeführt haben, nicht nur ihre emotionalen und kommunikativen Kompetenzen verbessert hätten, sondern der Lernzuwachs nach zwei bis drei Monaten stabil vorhanden war.

Was bedeutet in SECoTrain ein gesunder Umgang mit Emotionen?
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich als MFA in der folgenden Situation: Sie sollen bei einem neuen Patienten die Medikamentenanamnese erfragen. Nachdem Sie bereits erfolglos einige Routinefragen gestellt haben, sagt der Patient „Also hören Sie, ich möchte jetzt bitte mit der Ärztin reden, ja? Sie sind doch nur eine einfache Sprechstundenhilfe…und so jung wie Sie aussehen bestimmt noch in der Ausbildung.

Also ich muss das jetzt hier nicht mit IHNEN bereden!“. Nach einer solchen Aussage würden sich viele Menschen vermutlich verärgert, enttäuscht oder auch verunsichert fühlen. Häufige Reaktionen bestehen darin, diese Emotionen einfach auszuleben oder sie zu unterdrücken. Beides wirkt sich langfristig negativ für einen selbst und auch für die Beziehung aus.

Stattdessen kann man erstmal tief durchatmen und sich seiner Gefühle bewusstwerden („Es ist in Ordnung, dass ich jetzt verärgert/enttäuscht/verunsichert bin. Was brauche ich jetzt, um gut damit umgehen zu können?“). Dann kann man versuchen, die Situation aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

Dies kann man beispielsweise tun, indem man sich von der Situation innerlich etwas distanziert, anstatt das Verhalten des Anderen persönlich zu nehmen. Man kann auch überlegen, weshalb der Patient sich so verhalten hat – vielleicht macht er sich ja große Sorgen um seine Gesundheit?

Oder vielleicht schämt er sich wegen etwas? Auch kann es helfen, sich seine eigenen Kompetenzen als MFA nochmals bewusst zu machen, indem man sich daran erinnert, dass man solche Situationen schon einmal gut gemeistert hat. Dies sind Beispiele für Strategien der Neubewertung, von denen wir aus der Forschung wissen, dass sie helfen, negative Emotionen auf eine gesunde Weise zu regulieren.

Emotionen im Griff

Die drei Lerneinheiten von SECoTrain umfassen die Bereiche Emotionsregulation, Perspektivenkoordination und Kommunikationsstrategien. Beispiele zu Emotionsregulation und Kommunikaitonsstrategien finden Sie in den Kästen rechts.

Welche Tipps bietet SECoTrain zur Kommunikation bei Konflikten im Team oder mit Patienten?
Stellen Sie sich vor: Sie sind MFA in der Ausbildung. In letzter Zeit war es etwas stressiger in der Praxis, worunter auch die Stimmung gelitten hat.

Eine Kollegin hat sich in dieser Zeit schon mehrmals über Ihre Arbeit beschwert, als Sie etwas Neues nicht auf Anhieb gut konnten. Gerade haben Sie die Behandlungszimmer für die nächsten Termine vorbereitet und gehen noch einmal jeden Raum zur Kontrolle mit der Kollegin durch.

Die Kollegin betritt den Behandlungsraum mit dem EKG, stöhnt genervt und sagt in einem vorwurfsvollen Ton: „Booah, Mann! Ich hab‘ dir doch schon dreimal erklärt, wie man das Zubehör vom EKG ordentlich lagert! Jetzt liegt das hier schon wieder so rum!“. Wenn man auf diese Weise von einer Kollegin zurechtgewiesen wird, könnte man eingeschüchtert sein und es einfach über sich ergehen lassen.

Oder man könnte dazu tendieren, sich selbst mit einem „Gegenangriff“ verteidigen zu wollen. Beides kann jedoch dazu führen, dass sich die Situation noch verschlimmert. Das Konzept der gewaltfreien Kommunikation (GFK) zeigt alternative Wege auf, wie man in konflikthaften Situationen auf einfühlsame Weise reagieren kann, sodass die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt werden können.

Man kann zunächst auf das, was der andere gesagt hat eingehen, denn hinter einem Vorwurf steckt häufig ein Bedürfnis. Man kann zum Beispiel in eigenen Worten wiederholen, was der andere gesagt hat, ohne das Gesagte zu bewerten (zum Beispiel: „Ich höre, dass es Dich stört, dass das EKG nicht aufgeräumt ist und das kann ich auch gut verstehen.“).

Danach kann man sein eigenes Anliegen in einer konkreten und positiven Bitte formulieren (zum Beispiel „Ich finde es sehr hilfreich, wenn du mir Feedback zu meiner Arbeit gibst. Ich würde mich jedoch freuen, wenn du es mir in einem ruhigeren Ton sagen könntest.“). Auch kann es helfen, sich auf Fakten zu berufen, die die Bitte nachvollziehbarer machen wie „Ich bin noch in der Ausbildung und brauche für manche Dinge noch etwas Zeit.“

Bislang ist SECoTrain noch nicht für Praxisteams abrufbar. Institutionen, die über ein Lernmanagement-System verfügen, können SECoTrain beim BIBB kostenlos erhalten und in ihr System integrieren. Tschöpe hofft auf weitere Verbreitung. Schließlich könne das Training dazu beitragen, die Arbeitsleistung und die Atmosphäre im Team zu verbessern.

Quellen:

Peters, M., Tschöpe, T., Konheiser, S., Raecke, J. & Schnitzler, A. (2023). Development of a digital training for social and emotional competences for medical assistants in vocational education and training in Germany. Empirical Research in Vocational Education and Training, 15, 4. https://doi.org/10.1186/s40461-023-00143-z

Schnitzler, A., Tschöpe, T., Raecke, J., Peters, M., Konheiser, (2024). Entwicklung eines Online-Trainings für soziale und emotionale Kompetenzen bei Medizinischen Fachangestellten in der Ausbildung. In: U. Weyland & W. Koschel (Hrsg.): Aktuelle Ansätze und Forschungsbefunde zur beruflichen Bildung im Gesundheits- und Pflegebereich, Bielefeld, S. 109-125

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