Berlin. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bringt das DMP KHK auf den neuesten Stand, wie er am Donnerstag (17.4.) beschloss. Die Änderungen betreffen sowohl die Diagnosekriterien als auch Behandlungsplanung und Therapiemaßnahmen.
Die vom Vorstand aus für den Unterausschuss DMP zuständige Karin Maag betont in ihrem Statement zum Beschluss, dass es zur Vermeidung der Herzerkrankung nicht nur individuelle Verhaltensänderungen braucht, sondern „viel mehr noch lebensweltbezogene Setting-Ansätze zur Gesundheitsförderung“. Dies kann als Querverweis auf das in der letzten Legislatur gescheiterte Gesunde-Herz-Gesetz gedeutet werden, darin war die Verhältnisprävention zu kurz gekommen, wie viele Sachverständige, darunter der G-BA oder die DEGAM bemängelt hatten.
Was wurde aktualisiert?
- Diagnosekriterien: Die gesicherte Diagnose einer chronischen KHK kann auch mittels Computertomographie-Koronarangiographie (CCTA) erfolgen. Diese hatte der G-BA im April 2024 in den Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen aufgenommen. Die Nationale Versorgungsleitlinie empfiehlt sie zu bevorzugen, wenn nach der Voruntersuchung nur eine mäßige Wahrscheinlichkeit für eine KHK vorliegt. Die DEGAM befürwortet die Anwendung auch bei einer höheren Wahrscheinlichkeit.
- Individuelle Therapieplanung: Sofern selbständige sportliche Aktivitäten noch nicht oder nicht mehr möglich sind, ist die Teilnahme an einer Herzsportgruppe oder einer rehabilitativen Herzinsuffizienzgruppe zu empfehlen. Die Ärztinnen und Ärzte erhalten differenziertere Hinweise, in welchen Erkrankungssituationen die Rehabilitationssportgruppe empfohlen wird.
- Therapeutische Maßnahmen: Die Empfehlungen zum Einsatz von Lipidsenkern (Statinen) wurden an aktuelle Leitlinien, insbesondere an die Nationale Versorgungsleitlinie KHK angepasst. Ebenso die Hinweise, in welchen Situationen eine elektive Koronarangiographie erwogen werden sollte.
Bei den zu erfassenden Qualitätszielen und -indikatoren hat sich dadurch für Ärztinnen und Ärzte aber nichts geändert.
Wer kann am DMP KHK teilnehmen?
Nach den Änderungen können also künftig Patientinnen und Patienten ins DMP KHK eingeschrieben werden, wenn
- das typische Beschwerdebild, Begleiterkrankungen und körperliche Untersuchung auf eine myokardiale Ischämie hinweisen oder eine funktionelle, nicht-invasive Untersuchung pathologische Befunde ergibt oder
- CCTA oder Koronarangiographie einen Nachweis liefern oder
- bereits ein akutes Koronarsyndrom aufgetreten ist.
Zur Prävention sollen Ärztinnen und Ärzte künftig neben einer ausgewogenen Ernährung auch auf die Gefahren von zu viel Alkohol hinweisen.
Sportgruppe: Für wen?
Wie bisher steht bei der Vorbeugung auch die Bewegung im Fokus. Hier hat der G-BA genauer definiert, wer an einer Herzinsuffizienzgruppe teilnehmen sollte. Dazu zählen Personen mit einem hohen kardiovaskulären Ereignisrisiko etwa
- im ersten Jahr nach Überleben eines plötzlichen Herztodes mit ICD oder überlebtem Herzstillstand
- mit schwerer Herzinsuffizienz (NYHA III) und LVEF < 40 Prozent
- mit rezidivierenden ventrikulären Herzrhythmusstörungen.
Während der Übungen in der Sportgruppe müssen Arzt oder Ärztin künftig die ganze Zeit anwesend sein.
Eine Rehabilitation ist künftig auch angezeigt, wenn Betroffene weitere Erkrankungen haben, die einen ungünstigen Verlauf eines chronischen Koronarsyndroms wahrscheinlicher machen.
Das ändert sich bei der Therapie
Bei DMP-Teilnehmenden, die auch an Diabetes Typ 2 leiden, hat der G-BA die Therapieeskalation genauer ausgeführt. Bei unzureichender Kontrolle soll zusätzlich zu Metformin entweder ein GLP-1-Rezeptoragonist oder ein SGLT2-Hemmer angeboten werden.
Liegt bei Teilnehmenden neben der KHK eine Herzinsuffizienz vor, ist diese leitliniengerecht zu behandeln. Merke: Die gleichzeitige Einschreibung ins DMP Herzinsuffizienz ist nicht erlaubt.
Die Statintherapie betreffend macht der G-BA keine Vorgabe, welche Strategie zu wählen ist. Hier kann wie in der NVL zwischen fester Dosis oder Zielwertstrategie mit den Patientinnen und Patienten abgewogen werden.
ACE-Hemmer sieht das DMP künftig nicht mehr bei allen Personen vier bis sechs Wochen nach dem Infarkt vor. Vielmehr sollen diese gegeben werden, wenn eine chronische KHK von einer systolischen Herzinsuffizient, asymptomatischen linksventrikulären Dysfunktion oder einer chronischen Nierenkrankheit begleitet wird.
Wann eine elektive Koronarangiografie?
Eine Koronarangiografie als Therapieintervention sollen Ärztinnen und Ärzte erwägen bei Personen
- wenn die Symptomatik der KHK unter optimaler medikamentöser Therapie (OMT) nicht ausreichend behandelbar ist
- wenn sich unter OMT ohne akuten Interventionsbedarf nach Aufklärung und Beratung die Frage der Prognoseverbesserung durch eine Bypass-Operation stellt
- mit Beschwerden einer Herzinsuffizienz.
Bis die Änderungen in den Praxen ankommt, dauert es allerdings noch eine Zeit. Denn nun prüft zunächst das Bundesgesundheitsministerium den Beschluss. Im Anschluss wird er im Bundesanzeiger veröffentlicht, worauf er am ersten Tag des folgenden Quartals in Kraft tritt. Danach haben die regionalen Kassen und Kassenärztlichen Vereinigungen ein Jahr Zeit, um die regionalen DMP-Verträge anzupassen.