Positiven Einfluss der Ernährung nutzen
Nicht nur die genetische Grundausstattung, auch äußere Faktoren spielen eine Rolle für die Entwicklung einer Autoimmunerkrankung. So etwa das Körpergewicht, Rauchen, Alkoholkonsum und die Art der Ernährung.
Ob eine bestimmte Diät mit einem erhöhten Risiko für Rheumatoid Arthritis (RA) assoziiert ist, untersuchte die Nurses’ Health Study (NHS). Hier zeigte sich, dass die „westliche Ernährung“ mit vielen, stark verarbeiteten Lebensmitteln, raffinierten Kohlenhydraten, Zucker, gesättigten Fetten, rotem und verarbeitetem Fleisch sowie zuckerhaltigen Getränken mit einem höheren Risiko für RA (ca. +40 Prozent) einhergeht.
Dies galt insbesondere für Frauen im Alter von ≤55 Jahren und solchen mit Adipositas. Dagegen verringerte sich das Risiko bei einer gesunden Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Nüssen, weniger Zucker und verarbeiteten Lebensmitteln (ca. -40 Prozent). Für systemischen Lupus erythematodes (SLE) ergab die black womens health study (BWHS), dass sich bei jungen Frauen mit hoher glykämischer Last (hohe Kohlenhydrataufnahme) das SLE-Risiko nahezu verdoppelte.
Die Vitamin-D-Konzentration ist bei vielen Menschen mit Autoimmunerkrankungen geringer als bei Gesunden. Bislang ergaben Studien, die den Effekt einer Vitamin-D-Supplementation auf das Risiko für Autoimmunerkrankungen wie RA untersuchten, inkonsistente Ergebnisse. In einer aktuellen Studie verringerte eine fünfjährige Vitamin-D-Supplementierung +/- Gabe von Omega-3-Fettsäuren die Autoimmunerkrankungen signifikant um 22 Prozent.
Der Effekt war stärker bei Probanden mit geringem oder normalem BMI. Mit einer Omega-3-Fett-säure-Supplementierung +/- Vitamin D sank die Autoimmunerkrankungsrate um 15 Prozent (statistisch nicht signifikant). Bei bereits vorhandener Autoimmunerkrankung konnte eine Lebensstilintervention mit pflanzlicher Vollwertkost, körperlicher Aktivität und Stressbewältigung die RA-Krankheitsaktivität signifikant verringern.
Vielfach belegt ist zudem, dass Patientinnen und -Patienten mit Autoimmunerkrankungen (RA, SLE) von einer Supplementation mit Omega-3-Fettsäuren profitieren, z.B. hinsichtlich ihrer Krankheitsaktivität. (Prof. Karen H. Costenbader, Boston, USA)
Aussicht auf neue Therapieansätze
Für die nächste Zeit werden sowohl neue Medikamente als auch Indikationserweiterungen erwartet. Ein Beispiel ist Deucravacitinib, ein Tyrosinkinasehemmer (erster oraler TYK2-Inhibitor), der bisher bei mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis verordnet wird. Nun wurde das Medikament bei Erwachsenen mit aktiver Psoriasis-Arthritis (PsA) untersucht.
Nach 16 Wochen zeigte Deucravacitinib eine überlegene Wirksamkeit gegenüber Placebo bei mehreren Endpunkten, darunter muskuloskelettale und dermatologische Manifestationen, allgemeine Krankheitsaktivität und Lebensqualität. Die Wirkung hielt über 52 Wochen an.
Für Patienten mit kutanem oder systemischem Lupus erythematodes (CLE, SLE) mit aktivem Lupus-Hautausschlag könnte mit Enpatoran ein neuer Wirkansatz auf den Markt kommen. Der orale Inhibitor der Toll-like-Rezeptoren (TLR) 7/8 bewirkte in der Phase-II-Studie WILLOW eine klinisch bedeutsame Verringerung der Krankheitsaktivität.
Der Fc-Rezeptorantagonist Efgartigimod wird bereits zur Behandlung von Mya-sthenia gravis eingesetzt. Nun hat er sich in zwei weiteren Indikationen als wirksam erwiesen: Bei Erwachsenen mit idiopathischer entzündlicher Myopathie (IIM) sowie bei Kindern mit Sjögren Syndrom (SjD). Die aktuellen Studien stellen ein Proof-of-Concept dar und müssen durch weitere Studien untermauert werden. (PD Dr. Helga Lechner-Radner, Wien, Österreich)
Cave: Mundgesundheit nicht vergessen
Die Mundgesundheit steht bei der Behandlung von RA meist nicht im Fokus. Ein Versäumnis, denn eine Parodontitis kann das Krankheitsgeschehen negativ beeinflussen. Das verdeutlichte eine Studie, in der die Hälfte der untersuchten Teilnehmenden mit RA eine moderate bis schwere Parodontitis aufwies.
Im Vergleich zur bloßen Zahnhygiene-Anleitung verbesserten sich nach einer nicht-chirurgischen Parodontitis-Behandlung die Zahntaschentiefe, Zahnfleischblutungen und die parodontale Entzündungsfläche des Taschenepithels deutlicher und anhaltender.
Außerdem verringerten bzw. verbesserten sich die Krankheitsaktivität (im DAS 28 und SDAI) sowie die Ultraschallbefunde. Wie eine anschließende Patientenbefragung ergab, war den Betroffenen die Wichtigkeit der Mundgesundheit nicht bewusst, die meisten wurden in der Arztpraxis nie darauf angesprochen. (Prof. Paola de Pablo, Birmingham, UK)
Bewegungstherapie – dranbleiben hilft
Regelmäßige, überwachte Bewegungstherapie hat auch für Menschen mit schweren Funktionseinschränkungen aufgrund von RA oder axSpA positive Effekte. Die langfristigen Auswirkungen dieser Intervention bestätigt eine aktuelle Studie, die nach zwei Jahren für beide Erkrankungen signifikante Verbesserungen bei allen Ergebnismessungen ermittelte (Ausnahme: psychische Komponente).
Die Teilnehmenden profitierten sowohl von anhaltenden funktionellen Verbesserungen als auch hinsichtlich ihrer Lebensqualität. (David Ueckert, Leiden, Niederlande)
Zoster-Impfung bei RMD
Ist der rekombinante Zoster-Impfstoff (RZI) auch für Personen mit entzündlichen rheumatischen und muskulo-skelettalen Erkrankungen (RMD) geeignet? Dafür spricht eine prospektive longitudinale Studie, welche die Verträglichkeit und Sicherheit des Impfstoffs bei 150 Teilnehmenden mit RA, axialer Spondyloarthritis (axSpA) oder Riesenzellarteriitis (RZA) untersuchte.
In der 12-monatigen Nach-beobachtungszeit zeigte sich eine geringe Nebenwirkungsrate. Die meisten Teilnehmenden vertrugen den Impfstoff gut, eher selten wurden ein Krankheitsschub oder schwerwiegende unerwünschte Ereignisse beobachtet. (Prof. Uta Kiltz, Herne)