Wie häufig Ärzte eine Rezeptur verordnen, ist sehr unterschiedlich: In einer Umfrage des Deutschen ArztPortals [1] gaben 24 Prozent der teilnehmenden Ärzte (N = 294) an, dass sie Rezepturen mehrmals täglich verordnen.
Von 29 Prozent der Teilnehmer werden Rezepturen jedoch seltener als einmal pro Woche und von 15 Prozent sogar nie verordnet. Unabhängig von der Verordnungsfrequenz, gibt es einiges zu berücksichtigen (Abb. 1).
Arztumfrage
Korrekte Ausstellung einer Rezepturverordnung
Neben den allgemeinen Vorgaben beim Ausstellen eines Rezeptes sind bei der Verordnung einer Rezeptur einige Besonderheiten zu beachten. Die erforderlichen Angaben ergeben sich aus der Arzneimittelverschreibungsverordnung, die nicht nur regelt, welche Arzneimittel in Deutschland verschreibungspflichtig sind, sondern auch, welche Angaben eine Verschreibung enthalten muss.
Folgende Angaben sind demnach bei der Verschreibung eines Arzneimittels, das in der Apotheke hergestellt werden soll, erforderlich (§ 2 Abs. 1, Auszug):
- Zusammensetzung nach Art und Menge oder Bezeichnung des Fertigarzneimittels, von dem Teilmengen abgegeben werden sollen
- Darreichungsform, sofern diese nicht bereits durch die Zusammensetzung eindeutig ist
- Abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels
- Gebrauchsanweisung (sofern das Arzneimittel nicht unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird)
Die Verordnung einer Rezeptur nimmt häufig mehr Platz auf dem Rezept in Anspruch als die eines Fertigarzneimittels. Auch die Apotheke muss bei einer Rezeptur mehr Angaben auf dem Rezept ergänzen (u. a. die Preise der einzelnen Bestandteile). Verwenden Sie daher für jede Rezeptur ein eigenes Verordnungsblatt.
Unklarheiten und Rückfragen aus der Apotheke können bei der Verordnung des Wirkstoffs entstehen, da dieser in unterschiedlichen Formen (zum Beispiel Salz oder Base) unterschiedliche Eigenschaften haben kann.
So ist zum Beispiel Triamcinolon im Gegensatz zu Triamcinolonacetonid bei topischer Anwendung unwirksam. Achten Sie daher unbedingt auf die genaue Bezeichnung des Wirkstoffs (siehe Tab. 1 und Abb. 2).
Welche Rezepturen können verordnet werden?
Auch bei einer Rezepturverordnung müssen die Vorgaben der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sowie die Wirtschaftlichkeitsgrundsätze nach SGB V beachtet werden.
Damit eine Rezeptur von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erstattet werden kann, muss sie bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren (ausgenommen Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis 18 Jahre) mindestens einen verschreibungspflichtigen Bestandteil enthalten.
Eine Verordnung in diesen Altersgruppen zulasten der GKV ist auch möglich, wenn sie einer der in Anlage I der AM-RL genannten Ausnahmen entspricht.
Beispiele für Ausnahmen entsprechend Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie:
- Harnstoffhaltige Dermatika mit einem Harnstoffgehalt von mindestens 5 Prozent bei gesicherter Diagnose bei Ichthyosen, wenn keine therapeutischen Alternativen für den jeweiligen Patienten indiziert sind.
- Salicylsäurehaltige Zubereitungen (mind. 2 Prozent Salicylsäure) in der Dermatotherapie als Teil der Behandlung der Psoriasis und hyperkeratotischer Ekzeme.
Auf die Wirtschaftlichkeit achten – auch bei Rezepturen
Auch bei der Verordnung einer Rezeptur ist auf das Wirtschaftlichkeitsgebot zu achten. So sollte zum Beispiel auf eine medizinisch sinnvolle und wirtschaftliche Verordnungsmenge geachtet werden.
Bei Verwendung von Fertigarzneimitteln in Rezepturen ist es empfehlenswert zu prüfen, ob die Verordnungsmenge an die verfügbaren Packungsgrößen angepasst werden kann.
Beispiel: Für eine Rezeptur soll eine Fertigarzneimittelsalbe als Grundlage verwendet werden. Diese Salbe steht in einer Packungsgröße zu 15 g zur Verfügung. Bei Verordnung einer Rezeptur mit 20 g müsste bei der Herstellung eine zweite 15-g-Packung angebrochen werden.
- Überprüfen Sie, ob die Verordnungsmenge angepasst werden kann.
Grundsätzlich gilt: Stehen sowohl Fertigarzneimittel als auch der Wirkstoff zur Verwendung in der Rezepturherstellung zur Verfügung, sollte die kostengünstigere Variante gewählt werden. Dies ist häufig die Verwendung des Wirkstoffs.
Vorteile einer standardisierten Rezeptur
Bei der Verordnung einer standardisierten Rezeptur ist das therapeutische Konzept und die pharmazeutische Qualität der Formel optimal aufeinander abgestimmt. Dadurch können Rückfragen aus der Apotheke minimiert werden [3].
Mit dem Neuen Rezeptur-Formularium (NRF) stehen standardisierte Rezepturen aus vielen Bereichen zur Verfügung. Eine mit unabhängigen Experten besetzte Kommission (DAC/NRF-Kommission) stellt sicher, dass dabei der anerkannte Stand der pharmazeutischen Wissenschaft berücksichtigt wird.
Das NRF wird von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) herausgegeben. Ärzte haben mit einem DocCheck-Passwort kostenlosen Zugriff auf die NRF-Rezepturdatenbank. Hier finden sie nicht nur knapp 500 Rezepturformeln, sondern auch ergänzende Informationen, zum Beispiel zur Dosierung [3].
Was passiert in der Apotheke?
Vor der Herstellung einer Rezeptur muss die Apotheke deren Plausibilität überprüfen (§ 7 Abs. 1b ApBetrO). Diese Plausibilitätsprüfung beinhaltet u. a. die Überprüfung von Dosierung, Applikationsart, Art, Menge und Kompatibilität der Ausgangsstoffe sowie deren gleichbleibende Qualität während des Haltbarkeitszeitraums des Rezepturarzneimittels.
Stellt die Apotheke bei dieser Prüfung fest, dass die Rezeptur nicht plausibel ist, muss sie Rücksprache mit dem Arzt halten. Die Herstellung einer nicht plausiblen Rezeptur ist nicht erlaubt (§ 7 Abs. 1 ApBetrO, § 5 und § 8 AMG).
Der Preis einer Rezeptur wird in der Apotheke für jedes Rezepturarzneimittel individuell berechnet (taxiert). Wie dies geschieht, ist in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegt.
Dabei wird in der Regel auf einzelne Rezeptursubstanzen und auf Verpackungsmaterialien ein Aufschlag von 90 Prozent berechnet. Hinzu kommt ein Rezepturzuschlag, der Festzuschlag in Höhe von 8,35 Euro sowie die Mehrwertsteuer (siehe Abb. 3).
Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker
Sowohl Arzt als auch Apotheker haben ein gemeinsames Ziel: die optimale Versorgung der Patienten mit einem sicheren und wirksamen Rezepturarzneimittel. Während für den Arzt bei der Verordnung der Rezeptur besonders die Wirksamkeit im Mittelpunkt steht, wird der Apotheker besonders auf die Qualität und Stabilität des fertigen Rezepturarzneimittels achten.
Damit die hohen Anforderungen an ein Rezepturarzneimittel erfüllt werden, kann es sinnvoll sein, vor der Verordnung einer neuen, nicht standardisierten Rezeptur mit der Apotheke Rücksprache zu halten.
Wird die obere Richtkonzentration eines Wirkstoffs bewusst überschritten, kann dies zum Beispiel mit einem Ausrufezeichen auf der Verordnung kenntlich gemacht werden. So weiß der Apotheker, dass es sich nicht um ein Versehen handelt, und überflüssige Rücksprachen mit dem Arzt können vermieden werden.
Quellen:
- Umfrage im Praxis-Newsletter des DeutschenArztPortals vom 29.06.2021 bis 07.07.2021
- Apothekerkammer Nordrhein, Prüfung auf Plausibilität und Anwendungsdauer ( https://www.aknr.de/apotheker/inhalt.php?id=217 , zuletzt aufgerufen am 11.08.2021)
- Informationen zum Neuen Rezeptur-Formularium unter https://dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/index.php , zuletzt aufgerufen am 21.07.2021
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