Berlin. Dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) per Telefon oder Videosprechstunde den Krankenstand Deutschlands habe steigen lassen, dafür hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) in einer aktuellen Analyse „keinerlei Hinweise“ gefunden. Vielmehr sei die Bedeutung der Telefon-AU für das Krankheitsgeschehen mit einem Anteil von jährlich 0,8 bis 1,2 Prozent an allen AU-Fällen äußerst gering. Gleiches gelte für die Videosprechstunde, die mit einem jährlichen Anteil von 0,1 bis 0,4 Prozent noch geringer ins Gewicht fällt.
Das geht aus einer Zi-Analyse hervor, die das Institut in seinem Livestreaming-Format „Zi insights“ vorgelegt hat. Basis für die empirische Analyse in Zusammenarbeit mit der Barmer bildeten pseudonymisierte AU-Daten sowie die vertragsärztlichen Abrechnungsdaten der Kasse für die Jahre 2020 bis 2023.
In der begleitenden Gesprächsrunde machte Dr. Eckart Lummert, Hausarzt und Vorsitzender der Vertreterversammlung der KV Niedersachen, deutlich, dass die Telefon-AU eine „wichtige Maßnahme zur Entbürokratisierung und Entlastung der Praxen“ sei. Aus diesem Grund hatte der Hausärztinnen- und Hausärzteverband die Erleichterung teils gegen deutliche Widerstände erkämpft. Die Telefon-AU sei „die einzige politische Maßnahme der vergangenen Jahre, die wirklich zu einem gewissen Zeitgewinn in den Praxen geführt hat“.
Zi und Barmer kommen in ihrer Analyse zu dem Schluss, dass vielmehr ein “Zusammenwirken eines postpandemisch höheren Infektionsgeschehens mit einer erhöhten Erfassungsrate von AU-Bescheinigungen seit Einführung der elektronischen AU” zu dem Anstieg der Raten geführt haben könnte. So habe die Untersuchung gezeigt, dass 58 Prozent der zusätzlichen AU-Fälle des Jahres 2022 und 41 Prozent der zusätzlichen AU-Fälle in 2023 durch akute Infektionen der Atemwege sowie Corona-Infektionen zu erklären sind.