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Kolumne "Blick aus Berlin"Streit ums Blaumachen ist eine Scheindebatte

Im politischen Berlin kämpft der Hausärztinnen- und Hausärzteverband für Ihre Interessen. In Hausärztliche Praxis berichten die Beteiligten regelmäßig über ihre Gespräche, Erfolge – und wo es hinter den Kulissen noch hakt.

Blick aus Berlin

“Wie krank ist Deutschland?” Ein öffentlich viel diskutiertes Thema, zu dem uns die Presse gerne heranzieht. Die Medien sind dankbar für ein Thema, das so kontrovers ist – und zu dem die schillerndsten Bilder kursieren: “Weltmeister bei Krankmeldungen”, “Paradies für Blaumacher”, “Land der Bettkantenentscheider” – der sprachlichen Fantasie sind beim Stichwort “Krankenstand” keinerlei Grenzen gesetzt.

Dabei ist das öffentliche Interesse hierzu mitnichten neu. Bereits vor Jahren erreichten uns regelmäßig Presseanfragen zum Thema. Ein typischer Blickpunkt damals: “Leiden die Deutschen unter Präsentismus?” Präsentismus beschreibt das Verhalten, trotz Krankheit am Arbeitsplatz zu erscheinen.

Die Haltung vieler richtete sich dabei klar gegen die Verantwortungslosigkeit, willentlich die Ansteckung anderer zu riskieren. In der Corona-Pandemie verschärfte sich der Blick. Es herrschte Einigkeit: Wer krank ist, gehört ins Bett!

Seit einiger Zeit erleben wir nun eine Umkehr der Debatte. Wirtschaft und mitunter auch Politik schimpfen teils unverblümt über die Blaumacher der Nation. Argumentiert wird häufig mit dem scheinbar sprunghaften Anstieg der Fehltage.

Doch lässt sich dieser mit der Einführung der elektronischen Krankschreibung erklären. Die Kassen bestätigen das. Und auch die OECD unterstreicht: Der deutsche Beschäftigte fehlte 2023 im Schnitt genauso oft krankheitsbedingt wie 2015 bis 2019 [1]. Es gibt also faktisch keinen sprunghaften Anstieg der Krankheitstage.

Aber auch, wenn sich die Zahlen nicht geändert haben, der politische Diskurs hat es definitiv. Warum sich als hausärztliche Vertretung in diese Diskussion stürzen? Zum einen, weil hier nicht nur Misstrauen gegen die Arbeitnehmenden gestreut wird, sondern definitiv auch gegen die Ärzteschaft. Zudem werden als Maßnahmen allzu gerne Ideen vorgelegt, die sich in der Hausarztpraxis als wahre Bürokratiemonster entpuppen würden.

Ein Beispiel: Teilzeitkrankschreibungen. Eine Lösung, die zu endlosen Debatten in den Praxen führen würde, ob man drei Arbeitsstunden schafft oder wirklich krank genug fürs Bett ist.

Eine weitere gern vorgebrachte Idee ist die Abschaffung der Telefon-AU. Dabei ist das die einzige politische Maßnahme der vergangenen Jahre, die wirklich zu einem gewissen Zeitgewinn in den Praxen geführt hat! Wer diese Errungenschaft verteidigen will, muss so manche Scheindebatte auflösen und Probleme klar benennen.

Ein Trend, der Politik und Wirtschaft wirklich Sorge bereiten sollte, ist der anhaltende Anstieg psychischer Erkrankungen. Seit 2013 haben die Krankheitstage durch diese um 56,5 Prozent zugenommen [2]. AU-Meldungen durch Langzeiterkrankungen machen zwar nur 3,5 Prozent aller AU-Meldungen, dabei aber fast 45 Prozent der Fehlzeiten aus [3].

In einer älter und kränker werdenden Gesellschaft müssen auch Arbeitgebende und Politik mehr Verantwortung für hohe Fehlzeiten übernehmen und entsprechend handeln. Leider bedarf das einer deutlich umfassenderen Umstrukturierung. Es ist also sicherlich auch Bequemlichkeit, die diese Scheindebatten am Leben hält.

Was heißt das für uns? Wir beantworten weiterhin viele Anfragen dazu, “wie krank Deutschland wirklich ist” – und entkräften dabei so manche blumige Metapher.

Quellen:

  1. Spiegel-Artikel vom 25. November 2024
  2. WiDO Fehlzeitenreport 2023
  3. TK Gesundheitsreport 2024
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