Leipzig. Internationale Fachgesellschaften und Gremien definieren die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) inzwischen nicht mehr nur als Folge des Rauchens mit grundsätzlich irreversiblen Atemwegsobstruktionen, berichtete Professorin Daiana Stolz, ärztliche Direktorin der pneumologischen Universitätsklinik in Freiburg, anlässlich des 65. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP).
Im Report der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) wird die COPD als heterogenes Krankheitsbild der Lunge definiert, das durch chronische respiratorische Symptome wie Dyspnoe, Husten, Expektoration und Exazerbationen aufgrund von Atemwegsanomalien (Bronchitis, Bronchiolitis) und/oder der Alveolen (Emphysem) charakterisiert ist, die zu einer persistierenden, oft progressiven Atemwegsobstruktion führt [1].
Das lässt ganz verschiedene Ätiologien mit unterschiedlichen pathogenen Mechanismen zu und berücksichtigt beispielsweise neben dem Rauchen Luftverschmutzung, frühe Kindheitseinflüsse, genetische Prädispositionen und sozioökonomische Faktoren, erläuterte Stolz. Trotz dieser Heterogenität hat sich das diagnostische Vorgehen seit Jahrzehnten nicht geändert und basiert vor allem auf der Spirometrie nach Bronchodilatorgabe [2].
Damit werden frühe pathologische Veränderungen nicht erfasst und es kommt häufig zu Fehlinterpretationen, meinte sie und ergänzte, auch die bisherige GOLD-Klassifizierung sei auf dem Hintergrund der vielfältigen Ätiologien und Formen der COPD nicht mehr adäquat.
Frühere Diagnose
Im Sinne einer frühen Intervention wäre eine Diagnose erster Symptome zu einem Zeitpunkt wünschenswert, wenn die Lungenfunktion noch nicht deutlich beeinträchtigt ist (s. Tab. unten).
Das ist jedoch weit von der klinischen Realität entfernt. Tatsächlich wird geschätzt, dass 70 Prozent aller von einer COPD Betroffenen weltweit keine Diagnose erhalten und die meisten bei Diagnosestellung bereits eine stark eingeschränkte Lungenfunktion aufweisen [3]. Eine gezielte Fallfindung von Personen mit Atemwegssymptomen und Risikofaktoren könnte eine Früherkennung der Betroffenen mit einer COPD möglich machen [4].
Vorgeschlagen wird, bei Personen ab einem Alter von 35 Jahren mit einem Fragebogen nach Risikofaktoren (Exposition mit Tabakrauch, mit verschmutzter Luft in Haushalt, Umwelt oder dem beruflichen Umfeld), genetischen Faktoren und Atemwegssymptomen zu fragen. Bei positivem Ergebnis dieses Vortests kann im hausärztlichen Bereich mit dem Peakflowmeter das Risiko für eine COPD weiter überprüft werden.
Bei auffälligem Befund soll in der pneumologischen Facharztpraxis eine Spirometrie ohne vorherige Bronchodilatorgabe zur Bestätigung des Verdachts erfolgen. Ist die Spirometrie negativ, sollten die Symptome weiter beobachtet und die Risikofaktoren eliminiert werden.
Ist die Spirometrie ohne vorherige Bronchodilator-Inhalation positiv, erfolgt eine umfassende COPD-Diagnostik inklusive der Spirometrie nach Bronchodialatorgabe und es wird eine entsprechende Therapie eingeleitet.
COPD ist nicht gleich COPD
Klar ist inzwischen, dass es unterschiedliche Phänotypen und Endotypen der COPD gibt und die Krankheitsverläufe ganz unterschiedlich sein können, z. B. bei einer neutrophil-dominanten Entzündung anders als bei einer eosinophil-dominanten (Typ-2) Entzündung, sagte Stolz [2].
Ausgeprägte Mukuspfropfen (engl. mucus plugging), die mittelgroße und große Atemwege verschließen, charakterisieren eine COPD-Population mit besonders schlechter Prognose [5]. Eine US-amerikanische Arbeitsgruppe definierte anhand spirometrischer und radiologischer Befunde vier COPD-Subtypen mit unterschieddichen Krankheitsverläufen [6]:
- relativ resistente Raucher (relatively resitant smokers, RRS),
- eine Gruppe mit mildem Emphysem, prädominant im Oberlappen (upper lobe-predominant emphysema, ULE),
- eine Gruppe mit vorrangiger Atemwegsobstruktion (airway-predominant disease (AD) und
- eine Gruppe mit schwerem Emphysemleiden (severe emphysema, SE).
Die SE-Gruppe wies die ausgeprägteste Abnahme in der Einsekundenkapazität (FEV1) über fünf Jahre sowie den stärksten Progress des Emphysems auf und hatte das höchste Risiko für Exazerbationen, kardiovaskuläre Erkrankungen und Tod. In der AD-Gruppe wurde das höchste Risiko für eine Diabetes-Erkrankung beobachtet.
Die verschiedenen Gruppen wiesen Unterschiede im Serum-Proteom und der Genexpression von Biomarkern auf, vor allem von solchen, die für entzündliche und Immunprozesse von Bedeutung sind. Ob eine solche Subtypisierung der COPD für Diagnostik und Therapie in der klinischen Routine bedeutsam wird, muss sich zeigen.
Phänotypisierung im GOLD-Report angekommen
Die Empfehlungen der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) berücksichtigen zur Phänotypisierung der COPD Exazerbationen und die Bluteosinophilie, erläuterte PD Dr. Sebastian Fähndrich, Freiburg.
Mehr als zwei Exazerbationen pro Jahr sind mit einer deutlich erhöhten Mortalität assoziiert. Bei häufigen und/oder schweren Exazerbationen reduziert die Tripletherapie mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS), langwirksamen Beta-2-Sympathomimetika (LABA) und langwirksamen Anticholinergika (LAMA) die Exazerbationsrate und die Gesamtmortalität signifikant gegenüber einer dualen Therapie [7, 8].
Das führte 2023 zu einer neuen GOLD-Klassifizierung ohne LABA/ICS – die Klassen C und D wurden zu „E“ (Exazerbationen) zusammengelegt, für die eine frühest möglich Tripeltherapie der Standard wurde.
In den aktuellen GOLD-Empfehlungen wird für die Therapie bei Exazerbationen nach Eosinophilenzahlen (Eos) im Blut unterschieden – die Tripeltherapie ist bei ≥300 Eos/μl Standard und kann bei ≥100 Eos/μl erwogen werden, wenn die Therapie mit LABA plus LAMA nicht ausreicht. Bei einem Rückgang der Eosinophilie ist auch wieder eine Deeskalation der Therapie vorgesehen, ergänzte Fähndrich.
Seit Juni 2024 steht mit Dupilumab erstmals auch eine Biologika-Therapie für Menschen mit COPD und Typ-2-Inflammation, definiert als Blut-Eosinophilie ≥300 Eos/μl, zur Verfügung.
In der BOREA-Studie konnte die subkutane Gabe von 300 mg Dupilumab subkutan alle zwei Wochen zusätzlich zur bestehenden Therapie das Risiko für moderate bis schwere Exazerbationen bei COPD und Bluteosinophilie um 30Prozent im Vergleich zu Placebo senken [9]. Es kam auch zu einer signifikanten Verbesserung der FEV1. Die Ergebnisse konnten in einer zweiten Studie, NOTUS, bestätigt werden [10].
Quellen:
- https://goldcopd.org/2025-gold-report/
- doi: 10.1016/S0140-6736(22)01273-9
- doi: 10.1164/rccm.201804-0621CI
- doi: 10.1164/rccm.202311-2120PP
- doi: 10.1001/jama.2023.2065
- doi: 10.1136/bmjresp-2021-001182
- doi: 10.1056/NEJMoa1713901
- doi: 10.1164/rccm.202006-2618OC
- doi: 10.1056/NEJMoa2303951
- doi: 10.1056/NEJMoa2401304