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XenotransplantationLebensretter Schweineniere?

Von Science-Fiction zur Realität: In den USA dürfen die ersten klinischen Studien mit Spenderorganen aus genetisch veränderten Schweinen starten. Auch in Deutschland wird seit Jahren an so genannten Xenotransplantaten geforscht.

Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat erstmals klinische Studien zu Xenotransplantationen genehmigt.

Spenderorgane aus Tieren? Das ist längst keine Science-Fiction mehr: Vor kurzem hat die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA erstmals klinische Studien zu sogenannten Xenotransplantationen genehmigt (s. Kasten unten), in denen Organe genetisch veränderter Schweine in Menschen transplantiert werden. Zuvor gab es in den USA bereits einige wenige individuelle Heilversuche, in denen schwerkranken Personen Herzen oder Nieren von Schweinen erhielten.

So berichteten amerikanische Ärztinnen und Ärzte im Februar dieses Jahres im Fachmagazin “New England Journal of Medicine” vom Fall eines 62-jährigen Mannes, dem ein Jahr zuvor in einem Heilversuch eine Schweineniere transplantiert worden war [1].

Der Mann war dialyse-pflichtig, seit langem an Diabetes erkrankt und litt an einer fortgeschrittenen Vaskulopathie. Seine Chance, innerhalb der nächsten fünf Jahre die Niere eines menschlichen Spenders zu erhalten, lag bei 16 Prozent, die Wahrscheinlichkeit, in dieser Zeit zu sterben oder zu krank für eine Transplantation zu werden, bei 76 Prozent.

Die Schweineniere war direkt nach der Transplantation funktionsfähig, und der Patient benötigte keine Dialyse mehr. Er starb jedoch knapp zwei Monate nach der Transplantation an einem plötzlichen Herztod. Bei der Autopsie zeigte sich eine schwere Schädigung der Koronararterien, allerdings kein Hinweis auf eine Abstoßungsreaktion des Xenotransplantats.

Die Schweineniere, die dem 62-Jährigen transplantiert wurde, stammt aus dem Labor des US-Unternehmens eGenesis. In der DNA des Schweins wurden bestimmte Gene ausgeschaltet, die beispielsweise zu einer Abstoßungsreaktion führen.

Andere Gene wurden in das Genom eingebaut, die das menschliche Immunsystem regulieren und Entzündungsreaktionen oder thrombotische Ereignisse verhindern sollen. Außerdem musste aus dem Genom des Schweins virale DNA entfernt werden, die sich im Lauf der Evolution eingebaut hat, etwa von endogenen Schweine-Retroviren oder Herpesviren. Insgesamt wurde die Schweine-DNA an 69 Stellen im Genom verändert.

Klinische Studien auch in Deutschland?

Nach der Genehmigung der amerikanischen Gesundheitsbehörde ist nun erstmals im Rahmen einer klinischen Studie eine solche Xenotransplantation durchgeführt worden: Am 25. Januar 2025 erhielt ein 66-jähriger US-Amerikaner mit einer Nierenerkrankung im Endstadium in einer zweieinhalbstündigen Operation eine Schweineniere, die ebenfalls aus dem Labor von eGenesis stammt [2]. Eine Woche später wurde der Mann Angaben der Klinik zufolge entlassen und benötigt seitdem keine Dialyse mehr.

Neben eGenesis ist United Therapeutics das zweite Unternehmen, das in den USA nun klinische Studien mit Xenotransplantaten aus Schweinen durchführen darf. Auch United Therapeutics hat eine Studienreihe geplant und will zunächst sechs Personen eine Schweineniere transplantieren, später ist eine Studienreihe mit 50 Personen geplant [3].

Die Ergebnisse der klinischen Studien werden mit Spannung erwartet – sollen sie doch die Frage klären, ob Spenderorgane aus Tieren genauso geeignet sind wie menschliche Spenderorgane.

Auch in Deutschland wird bereits seit Jahren an xenogenen Herztransplantaten geforscht, etwa an der LMU München und der TU München (TUM). “Individuelle Heilversuche könnten wir auch in Europa durchführen. Wir haben die Tiere, wir haben das Know-how. In den USA ist aber ein großer Vorteil, dass es Institutionen gibt, die eine Budgetausstattung haben. Von der können wir in Europa nur träumen”, sagte Dr. Konrad Fischer, Leiter der Sektion Xenotransplantation an der TUM bei einer Veranstaltung des “Science Media Centers” (SMC) [4].

Wobei es bei der aktuellen US-amerikanischen Regierung fraglich scheint, ob es bei der finanziellen Ausstattung der Forschungseinrichtungen auch bleibt.

Ein Knackpunkt sind laut Fischer DPF-Facilities, so genannte “designated pathogen-free facilities”, also Einheiten, in denen die Tiere unter sehr sauberen Bedingungen gehalten werden, um Pathogene auszuschließen. “In Europa fehlen diese DPF-Units. Das heißt, wenn wir jetzt nun wirklich in die klinische Anwendung gehen möchten und die Tiere nicht aus den USA importieren, dann müssen wir diese Infrastruktur in Europa erst einmal etablieren.” Die DPF-Haltung sei jedoch eine der teuersten Haltungen mit Kosten in Millionenhöhe.

Kritisch sei zudem die aktuelle Situation in Bezug auf tierexperimentelle Forschung, so Fischer. “Wir erzeugen genetisch modifizierte Tiere. In Europa und auch in Deutschland möchte man aber Tierexperimente am liebsten vollständig einstellen. Wenn wir immer mehr Auflagen bekommen, dann können wir diese Forschung nicht mehr betreiben.”

Wobei durchaus auch an Alternativen zu Tierversuchen geforscht wird, etwa an Organen aus dem 3D-Drucker.

Eine weitere ganz grundsätzliche Frage, die man zudem klären müsste: Welche Menschen kommen für ein Spenderorgan aus Schweinen überhaupt in Frage? “Sie sollten nicht zu krank sein.

Sie sollten weitestgehend hämodynamisch stabil sein. Sie sollten aber auf der Gegenseite natürlich auch von der Transplantation profitieren”, erklärte Dr. Philipp Felgendreff von der Medizinischen Hochschule Hannover bei der Veranstaltung des SMC. Allerdings könne man auch nicht jemanden, der eine sehr, sehr gute Chance auf ein humanes Organ hat, mit einem Xenoorgan versorgen.

“Es ist ein klinischer Balanceakt, den man engmaschig monitoren muss. Bis jetzt gibt es keine harten Kriterien.”

8.000 Menschen warten auf ein Spenderorgan

Auch in Deutschland ist der Bedarf an Spenderorganen indes groß, laut Eurotransplant stehen derzeit mehr als 8.000 Menschen auf den Wartelisten. Ob für sie eines Tages Xenotransplantate in Frage kommen, hängt auch davon ab, welche Ergebnisse die klinischen Studien aus den USA liefern.

Bisher werden mit den Xenotransplantaten aus Schweinen Überlebenszeiten von einigen Monaten erreicht. “Bei Nierentransplantationen, die wir bei Menschen seit mehreren Jahrzehnten schon etabliert haben, liegen die Überlebenszeiten bei zehn, 15, 20 Jahren. Die Lücke ist also noch sehr, sehr groß”, so Felgendreff.

Aber: “Wenn wir diese Fragen beantwortet haben und die klinischen Studien so vielversprechend verlaufen, wie wir es uns erhoffen, ist die Xenotransplantation wirklich zeitnah eine Option für Patienten, die aktuell auf der Warteliste stehen – auch wenn wir da immer noch von Jahren sprechen müssen.”

Quellen:

1. doi 10.1056/NEJMoa2412747

2. Mitteilung des Massachusetts General Hospital, 7.2.2025: www.hausarzt.link/Pg2Yi

3. Mitteilung von United Therapeutics, 3.2.2025: www.hausarzt.link/DU5KW

4. Transkript der SMC-Veranstaltung: www.hausarzt.link/46Wd8

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