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Boom von AlternativenRauchstopp und Nikotinkarenz in weiter Ferne

Noch immer rauchen viele Menschen Tabak. Alternative Nikotinpräparate der Tabakindustrie lösen das Problem nicht. Im Gegenteil: E-Zigaretten und ein unregulierter Markt anderer schnell wirkender Nikotinpräparate könnte die Häufigkeit der Nikotinabhängigkeit noch steigern.

Dampfen hilft oft nicht, um mit dem Rauchen aufzuhören, sagen Experten.

Die E-Zigarette wird hierzulande nicht zur Tabakentwöhnung empfohlen. Das hat gute Gründe. Zum einen ist das „Dampfen“ zur Entwöhnung vom Zigarettenrauchen nicht besser wirksam als Nikotinersatzpräparate. Zum anderen kann die rasche Verfügbarkeit des Nikotins über die E-Zigaretten im Gegensatz zu Pflastern und Kaugummi zu einer Verstärkung der Nikotinabhängigkeit führen, erläuterte Prof. Stefan Andreas von der Lungenfachklinik Immenhausen anlässlich des diesjährigen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie.

Studien, in denen die E-Zigarette als Mittel zur Tabakentwöhnung kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde, belegen, dass fast die Hälfte der Nutzenden zu einem dualen Gebrauch von Zigaretten und E-Zigaretten übergeht [1]. Dieser duale Konsum ist hinsichtlich kardiovaskulärer Folgen gefährlicher als das Zigarettenrauchen alleine, betonte Andreas. Die E-Zigarette ist in Bezug auf kardiovaskuläre Erkrankungen zudem kaum weniger gefährlich als das Tabakrauchen [2].

Das Lungenkrebsrisiko durch E-Zigaretten ist derzeit zwar noch nicht absehbar, da Langzeitdaten fehlen. Im Dampf der E-Zigaretten sind jedoch Karzinogene wie Acetaldehyd und Formaldehyd, Schwermetalle wie Nickel, Zinn, Blei oder Cadmium sowie Benzol und ultrafeine Partikel enthalten, wie Dr. Claudia Bauer-Kemény von der Thoraxklinik der Universität Heidelberg erläuterte.

Nicht weniger, sondern mehr Raucherinnen und Raucher

Die E-Zigarette ist im wachsenden Maß für junge Menschen der Eintritt in die Nikotinabhängigkeit. So belegen Daten aus England, dass jüngere Menschen, die vorher nie geraucht haben, immer häufiger zur E-Zigarette greifen [3]. Gleichzeitig nahm zuletzt bei den über 45-Jährigen nicht nur die Nutzung der E-Zigarette, sondern auch der Zigarette wieder zu [4]. Englands „Harm Reduction“-Strategie habe der Nikotinindustrie eine Zunahme des Nikotinkonsums beschert und neue Konsumentengruppen erschlossen, zitierte Andreas Prof. Reiner Hanewinkel, Leiter des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord) in Kiel.

In Deutschland hat der Nikotinkonsum im Kindes- und Jugendalter dank der E-Zigaretten zugenommen [5]. Süße und fruchtige Aromen suggerieren eine Harmlosigkeit der inhalierten Substanzen, maskieren den bitteren Geschmack des Nikotins und erhöhen damit die Gefahr der Nikotinabhängigkeit oder ihrer Aufrechterhaltung, betonte Bauer-Kemény.

Die bunte Welt der alternativen Rauchwaren

Die E-Zigaretten mit all ihren Aromen sind nur eine Form der zigarettentabak-freien Nikotinprodukte. Es gibt Erhitzer mit tabakfreien pflanzlichen Sticks, zum Beispiel mit Rooibos-Tee, die Nikotin enthalten und wie E-Zigaretten mit verschiedenen Aromen erhältlich sind.

Auch nikotinfreier „Tabak“ mit unterschiedlichen Kräutermischungen ist nicht harmlos, da er viele gefährliche Verbindungen wie Kohlen­monoxid, polyzyklische Kohlenwasserstoffe, aromatische Amine und andere auch aus Tabakzigaretten bekannte Stoffe enthält. Auch der Rauch von nicht tabakhaltigem nikotinfreiem Shisha-Tabak enthält solche Stoffe in nahezu identischer Menge wie Zigaretten.

Nikotin zum Kauen

Das in Schweden erhältliche Snus, feiner Tabak zum oralen Gebrauch mit hohem Nikotingehalt und unter anderem hohem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und oropharyngeale Karzinome, ist hierzulande verboten. Doch der Versuch der Regelung greift nicht, berichtete Bauer-Kemény. Denn Kautabak darf in Deutschland in den Verkehr gebracht werden und es gibt Produkte, die sich nur durch eine etwas größere Tabakstruktur von Snus unterscheiden.

Tabakfrei sind die so genannten Nikotin-Pouches, die als neuartige Lebensmittel eingestuft wurden und damit der Regulierung entgehen. Auch sie gibt es in vielen Geschmacksrichtungen. Die kleinen Beutel mit Nikotinsalzen werden ebenfalls oral angewendet und ermöglichen eine rasche Nikotinanflutung wie nach Zigarettenkonsum, teilweise mit noch höheren Nikotinspiegeln. Diese abhängig machenden Nikotinprodukte werden über soziale Medien durch Influencer mit Erfolg beworben: So haben haben in Deutschland bereits 15,2 Prozent der Jungen und 10,3 Prozent der Mädchen im Alter von 16 bis 17 Jahren solche Nikotinbeutel konsumiert.

Nikotin 2.0

Neu sind synthetische Nikotine wie Metatin, das eine ähnliche Wirkung wie Nikotin hat und in den USA bislang in Einweg-E-Zigaretten oder auch in Nikotinbeuteln angeboten wird. Metatin imitiert und verstärkt die psychoaktiven Effekte von Nikotin, hat ein ähnliches Toxizitätsprofil und macht möglicherweise noch stärker süchtig, meinte Bauer-Kemény. Solche Nikotinanaloga ermöglichen es E-Zigaretten-­Herstellern, unregulierte Produkte mit unklaren Risiken auf den Markt zu bringen, erläuterte die Expertin.

Im Selbstversuch stellte sie fest, dass es im Internet problemlos möglich ist, viele der neuartigen Substanzen und Produkte zu bestellen. Eine etwaige Altersbeschränkung können Kinder und Jugendliche oft einfach durch ein Kreuzchen bei „über 18“ umgehen. Strengere Kontrollen seien dringend notwendig und der Jugendschutz müsse gestärkt werden, forderte Bauer-Kemény daher.

Literatur: 1. doi: 10.1016/j.eclinm.2023.102142 2. doi: 10.1056/EVIDoa2300229 3. doi: 10.1016/S2468-2667(24)00183-X 4. doi: 10.1016/j.lanepe.2024.100924 5. doi: 10.3238/arztebl.m2024.0158

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