Tabakkonsum ist eine der führenden vermeidbaren Todesursachen weltweit. In der hausärztlichen Praxis sind die gesundheitlichen Folgen von Nikotinabhängigkeit wie kardiovaskuläre Erkrankungen, COPD und verschiedene Krebsarten häufige Beratungsanlässe. Auch in hausärztlichen Risikoscores (zum Beispiel arriba) spielt der Rauchstopp als Maßnahme eine zentrale Rolle. Der Rauchstopp ist daher ein zentrales Präventionsziel.
Die Nikotinersatztherapie (NRT) ist eine etablierte Maßnahme zur Unterstützung bei der Tabakentwöhnung. Der Cochrane-Review von Hartmann-Boyce et al. [1] fasst die Ergebnisse von 136 randomisierten kontrollierten Studien mit insgesamt 64.640 Teilnehmenden zusammen. Untersucht wurden verschiedene Formen der NRT im Vergleich zu Placebo oder keiner Behandlung, wobei vor allem die Langzeitabstinenz (mindestens sechs Monate) berücksichtigt wurde.
Was zeigt die Evidenz?
Die Analyse zeigt deutlich: NRT erhöht die Abstinenzraten signifikant. Im Vergleich zu Placebo oder keiner Behandlung war die Erfolgswahrscheinlichkeit um 50 bis 60 Prozent höher. Das relative Risiko (RR) lag bei 1,55 mit einem 95%-Konfidenzintervall von 1,49 bis 1,61.
Besonders wirksam erwies sich die Kombination zweier Formen, beispielsweise ein Nikotinpflaster als Basistherapie und ein schnell wirksames Mittel wie Kaugummi oder Spray zur Bedarfseinnahme. Diese Kombination erzielte bessere Ergebnisse als jede einzelne Form allein.
Die typischen Nebenwirkungen, etwa Hautreizungen bei Pflastern oder Mund- und Rachenbeschwerden bei Kaugummis, waren mild und insgesamt selten. Schwerwiegende unerwünschte Wirkungen traten nicht häufiger auf als in den Kontrollgruppen.
Fazit für die Hausarztpraxis
Die Nikotinersatztherapie ist nach aktueller Evidenz ein effektives und sicheres Mittel zur Unterstützung der Tabakentwöhnung. In der hausärztlichen Versorgung, wo Patientinnen und Patienten langfristig betreut werden, bietet sich ihr Einsatz besonders an.
Der Nutzen verstärkt sich deutlich, wenn die NRT in ein strukturiertes Entwöhnungsprogramm eingebettet ist – idealerweise kombiniert mit verhaltensorientierter Beratung und motivierender Gesprächsführung.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) erkennt die Wirksamkeit der NRT an und empfiehlt, sie individuell an die Bedürfnisse der Patientinnen oder Patienten anzupassen. Laut DEGAM-Patienteninformation kann eine solche Therapie die Erfolgschancen beim Rauchstopp um das 1,5- bis 2-Fache steigern [2]. Besonders wirksam sei sie in Kombination mit ärztlicher Beratung und gegebenenfalls weiteren medikamentösen Maßnahmen.
Aktuelle Cochrane-Evidenz legt darüber hinaus nahe, dass auch nikotinhaltige E-Zigaretten eine wirksame Alternative zur klassischen Nikotinersatztherapie darstellen können. Sie steigern laut systematischer Übersichten die langfristigen Abstinenzraten stärker als E-Zigaretten ohne Nikotin oder Placebo und sind vergleichbar oder teils überlegen gegenüber herkömmlicher NRT [3]. Dabei fehlen jedoch Langzeitdaten jenseits von zwei Jahren. Für Hausärztinnen und Hausärzte bedeutet dies: E-Zigaretten können – bei entsprechender Aufklärung – als zusätzliche Option diskutiert werden, vor allem bei Patientinnen oder Patienten mit früherem Versagen klassischer Ansätze.
Wie ein aktueller Übersichtsartikel betont, kann die evidenzbasierte Nutzung von NRT auch zur Reduktion des Konsums führen und eine Brücke zur späteren vollständigen Entwöhnung schlagen – insbesondere bei unentschlossenen Patientinnen oder Patienten [4].
Die Individualisierung der Beratung wird somit zum zentralen Element: vom vollständigen Rauchstopp über Schadensminimierung bis zur allmählichen Reduktion des Konsums mit Unterstützung durch NRT. Diese evidenzbasierte Flexibilität ist ein Alleinstellungsmerkmal hausärztlicher Versorgung [4].
Interessenkonflikte: Die Autorin und der Autor sind die Verfasser des Buchs “Evidenz für die Hausarztpraxis”.
Literatur
- Hartmann-Boyce J, Chepkin SC, Ye W, Bullen C, Lancaster T. Nicotine replacement therapy versus control for smoking cessation. Cochrane Database Syst Rev. 2018;5(5):CD000146. doi: 10.1002/14651858.CD000146.pub5
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Patienteninformation: Aufhören zu rauchen – warum und wie? In: S3-Leitlinie “Hausärztliche Risikoberatung zur kardiovaskulären Prävention”, Modul 6. Berlin: DEGAM; 2017.
- Lindson N et al. Electronic cigarettes for smoking cessation. Cochrane Database of Systematic Reviews 2025, Issue 1. Art. No.: CD010216. doi: 10.1002/14651858.CD010216.pub9.
- Schmidt-Haghiri M. Rauchstopp: Was hilft tatsächlich? APlus Medizin. 2023;03:8–10.