Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sollen zur Früherkennung von Krankheiten beitragen, welche die körperliche, geistige oder psychosoziale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen beeinträchtigen können. Ebenso sind Hinweise auf Kindeswohlgefährdung durch Misshandlung oder Vernachlässigung relevante Untersuchungsinhalte.
Die Vorsorgeuntersuchung U9 ist im 60. bis 64. Lebensmonat vorgesehen. Das Kind ist nun schon mindestens fünf Jahre alt und kurz vor der Einschulung. Ein Schwerpunkt der U9 liegt auf der motorischen Entwicklung und der Sprachentwicklung des Kindes, sowie der sozialen Kompetenz.
Zu Beginn der Vorsorge steht die Anamnese. Jede Kinder- und Jugendvorsorgeuntersuchung beinhaltet eine gründliche Ganzkörperuntersuchung sowie die Erhebung der Körpermaße mit Eintragen in das Somatogramm (Gewicht, Größe, Body-mass-Index).
Die für die jeweiligen Kindervorsorgeuntersuchungen benötigte apparative Ausstattung wurde bereits im Beitrag zur U2/U3 in Ausgabe 18/24 dargestellt.
Besondere Schwerpunkte sind eine Befragung der Eltern bezüglich der Entwicklung/Sprachentwicklung des Kindes, ob es schwerwiegende Erkrankungen, Operationen, Krampfanfälle, oder schwere und ungewöhnliche und/oder häufige Infektionen gegeben hat.
Es sollte nach der elterlichen Beurteilung des Hörvermögens gefragt werden, ob das Kind gut versteht bei Ansprache. Es sollte auch nach der Sprechfunktion gefragt werden, stottert das Kind?
Bedeutsam ist auch die Sozialanamnese. Wie lebt das Kind, wie ist die Betreuungssituation? Gibt es besondere Belastungen in der Familie? Des Weiteren sollte das Essverhalten und das Miktions- und Stuhlverhalten erfragt werden (Inkontinenz, Enuresis, Enkopresis).
Fragen nach psychischen Auffälligkeiten (Traurigkeit, aggressives Verhalten, Hinweise für Autismus) sollten gestellt werden und das Medienverhalten abgefragt werden.
Zusätzlich benötigen wir bei der U9 zur Beurteilung der Grob – und Feinmotorik einen Malblock und Malstifte, eine Kinderschere, einen leichten Ball, die Ishihara Farbtafeln zur Testung der Farbsehfähigkeit, eine Sehtafel.
Für Kinder im Kita-Alter kommen Sehtafeln mit altersgerechten Symbolen (Kreis, Quadrat, Apfel, Haus = LEA-Test), mit Öffnungen von C-förmigen Ringen (Landolt-Ringe) oder E-förmigen Haken (Snellen-Haken) zum Einsatz und der Lang-Stereotest zur Prüfung des räumlichen Sehens.
Zur Prüfung der Sprache kann der “Untersuchungs- und Dokumentationsbogen zur Überprüfung der kindlichen Sprache” von Frau Dr. Uta Kottmann (Bezugsquellen: www.spielundlern.de oder www.prolog-shop.de, 12,90 Euro für einen Block Bögen) verwendet werden.
Zur Vorbereitung der Untersuchung kann man Fragebögen von den Eltern ausfüllen lassen wie den Mannheimer Elternfragebogen (MEF) zur U9 oder den EVU 9 und/oder den Fragebogen U9 (s. Abb.). Idealerweise wird der Fragebogen gleich bei Terminvergabe ausgehändigt (automatischer Download bei Online Terminvergabe).
Zur Einschätzung der Entwicklung werden die Meilensteine der Entwicklung erfragt, diese sind in 5 wichtige Bereiche unterteilt: Grobmotorik, Feinmotorik, Sprache, Soziales und Kognition.
Grobmotorik: Hüpft auf einem Bein, jeweils rechts und links, und kurzer Einbeinstand, größere Bälle können aufgefangen werden, läuft Treppen vorwärts rauf und runter im Erwachsenenschritt (wechselfüßig), ohne sich festzuhalten.
Feinmotorik: Nachmalen eines Kreises, Quadrates, Dreiecks möglich, Stifthaltung wie ein Erwachsener, kann mit einer Kinderschere an einer geraden Linie entlang schneiden, schreibt den Vornamen, bindet die Schnürsenkel der Schuhe, kann sich selbst baden und anziehen!
Perzeption/Kognition: Mindestens 3 Farben werden erkannt und richtig benannt.
Soziale/emotionale Kompetenz: Kann sich mit anderen Kindern gut im Spiel abwechseln, ist bereit zu teilen, kann seine Emotionen meist selbst regulieren, toleriert meist leichtere, übliche Enttäuschungen.
Sprache: Fehlerfreie Aussprache und Artikulation (s/sch), vereinzelt können noch Laute fehlerhaft ausgesprochen werden.
Ereignisse und Geschichten werden im richtigen zeitlichen und logischen Ablauf
wiedergegeben in korrekten, jedoch noch einfach strukturierten Sätzen (mind. 5-Wort-Sätze), kann Wörter definieren (kalter Schnee, heißes Feuer), zählt bis 10.
Interaktion: Lädt andere Kinder zu sich ein und wird selbst eingeladen, intensive Rollenspiele: Verkleiden, Verwandlung in Tiere, Vorbilder (Ritter, Piraten, Helden), auch mit anderen Kindern, kann sich entschuldigen, beendet Toilettentraining.
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