TSH bei Kinderwunsch – ein “Fehlglaube”
Betreff: CME Schilddrüsenerkrankungen, HAEP 9/25, S. 34-43
von Dr. Henning Harder, Arzt f. Allgemeinmedizin und Innere Medizin, Hamburg
Wie bereits in dem Artikel der PTQZ-Fortbildung zum Thema “Schilddrüsenerkrankungen” macht der letzte Absatz der aktuellen CME-Fortbildung die Bemühungen um eine zurückhaltende Thyroxin-Substitution der latenten Hypothyreose zunichte. Bei einer Prävalenz der latenten Hypothyreose um 4 Prozent und, je nach Quelle, einer Thyroxineinnahme durch mindestens 11 Prozent der Bevölkerung gibt es offensichtlich eine große Anzahl von Übertherapien.
Häufig ist der Einstieg in die Thyroxinsubstitution ein unerfüllter Kinderwunsch. Jedoch spricht nichts dafür, dass Infertilität von der TSH-Höhe im Normbereich abhängen kann. Für diese Fehldeutung wird eine 2017 veröffentlichte Studie zitiert, in der marginale TSH-Unterschiede bei Frauen mit und ohne Infertilität kausal als Ursache des unerfüllten Kinderwunsches gedeutet werden. Leider wird hier Korrelation mit Kausalität verwechselt und der insbesondere bei Gynäkologen und Endokrinologen zementierte Fehlglaube nicht hinterfragt.
Ja, Frauen mit erhöhten TPO-Ak haben häufig ein höheres TSH als Frauen mit normalen Antikörper-Titern. Ja, und Frauen mit erhöhten TPO-Ak neigen häufiger zu Infertilität und Fehlgeburten. Große Studien konnten jedoch zeigen, dass sich durch eine Thyroxinsubstitution daran nichts ändert [1,2].
Schade, dass wieder eine Gelegenheit ausgelassen worden ist, Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch und Euthyreose die so häufig geübte Thyroxin-Verschreibung zu ersparen. Schade, dass erneut Korrelation mit Kausalität verwechselt worden ist.
Literatur:
1. N Engl J Med 2019; 380:1316-1325
2. Lancet Diabetes Endocrinol 2022; 10: 322–29
Hinweis d. Redaktion: Nachdem uns die Kritik seitens der DEGAM am PTQZ-Beitrag zugetragen wurde, haben wir uns um eine/n Gutachter/in der DEGAM bemüht. Der CME-Beitrag wurde daraufhin gemeinsam überarbeitet, bevor er mit der Hausärztlichen Praxis in Druck gegangen ist.
Reisemedizin beim Primärarzt
Betreff: Was passiert auf der Welt?, HAEP 9/25, S. 44-46
von Dr. Thomas Ruhl, Bergen
In über 30 Jahren als (Dorf-)Hausarzt habe ich viele Patienten reisemedizinisch beraten und versorgt: von der zu verschiebenden Periode über die Diarrhoe in Hurghada bis zum Diabetiker mit COPD nach Brasilien. Den Tierfotografen mit Ziel Burundi habe ich allerdings zum Tropeninstitut geschickt. So (preisgünstig) arbeitet ein “Primärarzt” durchaus mit gutem Gewissen und guter Qualität. Kollege Frühwein müsste sonst noch etliche Filialen eröffnen.
Welches Thermometer?
Betreff: “So lagern Sie Impfstoffe richtig”, Praxisteam 1/25, S. 16
von Martin Althaus, Facharzt f. Allgemeinmedizin, Salzkotten
Im Artikel wird auf empfohlene Kühlschrankthermometer hingewiesen. Gibt es rechtlich verbindliche Aussagen, welche Thermometer in Arztpraxen für Impfkühlschränke zu verwenden sind?
Bei einem ähnlichen Thema, nämlich einer angeblich notwendigen Alarmfunktion der Impfkühlschränke, ergab meine Anfrage bei der KVWL, dass es hierzu keine rechtliche Regelung gibt, sondern nur für Apothekenkühlschränke.
Antwort d. Redaktion: Die Vorgaben für Kühlschränke in Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäuser regelt die DIN 13277. Diese hat 2022 die ursprünglich für Arztpraxen geltende DIN 58345 abgelöst. Nach Informationen verschiedener Kassenärztlichen Vereinigungen sind aus der Norm lediglich Funktionen zu entnehmen, die ein Thermometer erfüllen muss. Dazu zählt etwa die Genauigkeit der Messung von +/- 0,5 °C, eine Kalibrierung oder ein Luft-Temperaturfühler. Die KV Bayerns bezeichnet zum Beispiel Minimum-Maximum-Thermometer als besonders gut geeignet.