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StudienergebnisseSemaglutid: Viel hilft viel?

Die zugelassene Höchstdosis von Semaglutid liegt für die Indikation Adipositas derzeit bei 2,4mg. Lässt sich mit einer höheren Dosis möglicherweise eine noch stärkere Gewichtsreduktion erreichen, getreu dem Motto: Viel hilft viel? Und wie verträglich ist das?

Bei Menschen mit Adipositas ist die nachhaltige Gewichtsreduktion eine Herausforderung.

Ob der GLP-1-Rezeptoragonist Semaglutid in einer höheren Dosierung als der bisher zugelassenen Maximaldosis auch zu einer stärkeren Gewichtsreduktion führt, haben zwei aktuelle Phase-IIIb-Studien untersucht. Beide Studien wurden vom Hersteller Novo Nordisk gesponsert. Das Ergebnis lässt sich mit „Ja, aber“ zusammenfassen.

Semaglutid ist seit 2022 in einer Dosierung von maximal 2,4mg pro Woche zur Behandlung von Adipositas bzw. Übergewicht mit Folgeerkrankungen zugelassen (Handelsname Wegovy®). Der Wirkstoff wird außerdem bereits seit 2018 zur Behandlung des Typ-2-Diabetes eingesetzt, und zwar in einer Maximaldosis von 1mg pro Woche (Handelsname: Ozempic®).

Höhere Dosen, stärkere Gewichtsabnahme..

In der ersten Studie („Step Up“) hat das Forschungsteam die Wirkung einer höheren Semaglutid-Dosis bei Erwachsenen mit Adipositas (BMI ≥30) untersucht (n=1.407, mittlerer BMI 39,9 kg/m²) [1]. In der zweiten Studie („Step Up T2D“) wurde die Wirkung einer höheren Semaglutid-Dosis bei Menschen mit Adipositas (BMI ≥30) und Typ-2-Diabetes untersucht (n=512, mittlerer BMI 38,6 kg/m², mittlerer HbA1c 8,1) [2].

In beiden Studien erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer randomisiert auf drei Gruppen entweder Placebo, 2,4mg Semaglutid pro Woche oder 7,2mg Semaglutid pro Woche, und zwar über einen Zeitraum von 72 Wochen. Semaglutid wurde dabei langsam aufdosiert, die Maximaldosis wurde ab Woche 20 verabreicht. Zusätzlich erhielten alle Teilnehmenden eine Lebensstilberatung.

Ergebnis: In beiden Studien wurde mit der höheren Semaglutid-Dosis eine stärkere Gewichtsabnahme erreicht. In der Step-Up-Studie (Menschen mit Adipositas) erreichte die Placebo-Gruppe eine mittlere Gewichtsreduktion von 3,9 Prozent (-4,6kg), die 2,4mg-Semaglutid-Gruppe eine mittlere Gewichtsreduktion von 15,6 Prozent (-17,3kg) und die 7,2mg-Semaglutid-Gruppe eine mittlere Gewichtsreduktion von 18,7 Prozent (-20,5kg).

Fast die Hälfte (47,7 Prozent) erreichte in der 7,2mg-Gruppe dabei einen Gewichtsverlust von mindestens 20 Prozent. In der 2,4mg-Semaglutid-Gruppe lag dieser Anteil bei 33,3 und in der Placebo-Gruppe bei 2,9 Prozent. Zusätzlich verbesserten sich unter Therapie mit 7,2mg-Dosis Blutdruck, Taillenumfang, HbA1c-Werte sowie verschiedene Blutfettwerte und Entzündungsmarker deutlicher als unter der 2,4mg-Dosis.

In der Step-Up-T2D-Studie (Menschen mit Adipositas und Diabetes) fiel die Gewichtsreduktion insgesamt etwas geringer aus: -13,2 Prozent in der 7,8mg-Gruppe, versus -10,4 Prozent in der 2,4mg-Gruppe und -3,9 Prozent in der Placebo-Gruppe. Auch hier besserte sich der HbA1c-Wert, und zwar umso stärker, je höher die Semaglutid-Dosis war: In der 7,2mg-Gruppe reduzierte sich der HbA1c-Wert im Mittel um -1,7 Prozentpunkte, in der 2,4mg-Gruppe um -1,6 Prozentpunkte und in der Placebo-Gruppe um -0,2 Prozentpunkte.

.. aber auch mehr Nebenwirkungen

Aber: Mit der höheren Dosis stieg auch der Anteil der Personen, die über die bekannten Nebenwirkungen von Semaglutid berichteten. So gaben in der Step-Up-Studie in der 7,2mg-Gruppe 70,8 Prozent gastrointestinale Nebenwirkungen an, in der 2,4mg-Gruppe 61,2 Prozent.

In der Step-Up-T2D-Studie gaben im Vergleich weniger Menschen gastrointestinale Nebenwirkungen an (53,1 Prozent in der 7,2mg-Gruppe versus 51,5 Prozent in der 2,4mg-Gruppe).

Insgesamt musste bei Personen, die 7,2mg Semaglutid erhielten, die Dosis aufgrund von Nebenwirkungen häufiger reduziert werden als bei jenen, die maximal 2,4mg erhielten.

Auffällige Nebenwirkung: Dysästhesien

Was in beiden Gruppen auffiel, war die höhere Rate an Dysästhesien unter der 7,2mg-Dosis. Dysästhesien seien eine bekannte Nebenwirkung von Semaglutid, bemerken die Forschenden dazu, der ursächliche Pathomechanismus aber noch unklar.

In der Step-Up-Studie berichteten in der 7,2mg-Gruppe 22,9 Prozent von Dysästhesien (versus 6,0 Prozent in der 2,4mg-Gruppe und 0,5 Prozent-Gruppe). 47 Personen in der 7,2mg-Dosis reduzierten aufgrund der Dysästhesien die Dosierung, in der 2,4mg-Dosis waren es zwei Personen.

In der Step-Up-T2D-Gruppe waren es 18,9 Prozent (versus 4,0 Prozent und 0 Prozent). Die meisten Fälle von Dysästhesien waren mild bis moderat.

Was sagen Experten?

Fazit für die Praxis: „Der Zusatzeffekt der dreifachen Dosis ist vorhanden, aber nicht riesig“, fasst Dr. Stefan Kabisch vom Deutschen Zentrum für Diabetesforschung in einer Mitteilung des „Science Media Centers“ (SMC) zusammen. Positiv wirke sich die 7,2mg-Dosis nur bei bestimmten Patienten aus: „Wer Semaglutid ohnehin nicht oder nicht in hoher Dosis verträgt, wer kein starkes Übergewicht beziehungsweise keinen behandlungsresistenten Typ-2-Diabetes hat, der wird von der neuen Dosierung nicht profitieren.“

In Frage könnte die höhere Dosis also möglicherweise für Patienten kommen, die auf die 2,4mg-Dosis nicht ansprechen (das ist bei 10 bis 15 Prozent der Patientinnen und Patienten der Fall), oder Patienten, die einen sehr hohem BMI haben und mit der 2,4mg-Dosis ihr Zielgewicht nicht erreichen.

PD Dr. Timo Müller, Helmholtz-Zentrum München, verweist auf das Konkurrenzprodukt Tirzepatid (Mounjaro®), das bei Erwachsenen mit unzureichend eingestelltem Typ-2-Diabetes und bei Erwachsenen mit Adipositas und gewichtsbedingten Begleiterkrankungen zugelassen ist. „Obgleich individuelle Unterschiede zwischen den Studien keine definitiven Rückschlüsse auf den Vergleich zwischen Tirzepatid 15mg und Semaglutid 7,5mg zulassen, erscheint Semaglutid hier Tirzepatid hinsichtlich Tolerabilität wie auch Wirkung auf Körpergewicht und HbA1c etwas unterlegen.”

Bezüglich der aufgetretenen Dysästhesien verweist auch Prof. Stephan Martin vom Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrum auf Tirzepatid: „Die Autoren weisen zwar darauf hin, dass auch bei anderen Inkretin-basierten Therapien Dysästhesien beschrieben wurden. Jedoch lagen diese in den entsprechenden Studien mit Tirzepatid (Surmount-1 und -2) bei 0,2 bis 0,4 Prozent je nach Dosierung.“

Das grundsätzliche Problem der sogenannten Abnehmspritzen werde zudem durch die neuen Ergebnisse nicht gelöst: “Wenn die Therapie beendet wird, steigt das Gewicht wieder auf das Ausgangsniveau an“, so Martin.

Quellen:

  1. doi1016/S2213-8587(25)00226-8
  2. doi: 1016/S2213-8587(25)00225-6
  3. Mitteilung des SMC vom 16. September
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